Marokko für Dummies

 

 

In Marokko der grösste Teil der Bevölkerung eher arm und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Die meisten Touristen leben in wesentlich komfortableren Situationen, als die Marokkaner, die ihnen in Läden und Restaurants begegnen. Da begegnen sich Menschen mit sehr unterschiedlichen Ressourcen. Das nehmen die Marokkaner sehr wohl wahr. Für sie sind die Touristen reiche Menschen. Und im Vergleich zu ihnen stimmt das auch meistens. Marokko ist für uns ein preiswertes Land. Unterkünfte, Essen, Bahn, Bus- und Taxifahrten, Eintrittsgeld für Sehenswürdigkeiten, sind sehr günstig. Die Marokkaner müssen oft hart arbeiten und dafür kämpfen um zu einem Lohn zu kommen. Jeder versucht sein karges Einkommen (wenn er überhaupt eines hat) irgendwie aufzubessern. Auf alle möglichen Arten wird versucht mit Touristen in Kontakt zu kommen, um ihnen etwas zu verkaufen oder eine Dienstleistung erbringen zu können. Es scheint von allem ein Überangebot zu geben, d.h. die Konkurrenz um mit den Touristen ins Geschäft zu kommen ist hoch. Die meisten Laden- und Restaurantbesitzer, Taxifahrer, Guides etc. versuchen daher sehr aktiv bis verzweifelt Kunden anzuwerben. Für Fremde ist es nicht einfach, die Dienstleistungen und die Produkte zu bekommen, die sie möchten und das zu fairen Preisen. Da die Marokkaner einerseits sehr aufgeschlossen, freundlich und hilfsbereit sind, ist es zumindest anfangs nicht leicht auszumachen, ob die angebotene Hilfestellung am Schluss doch noch „ihren hohen Preis hat“.

Viele der Einheimischen profitieren kaum oder nur indirekt vom Tourismus. Darum sollte man auch ein gewisses Verständnis aufbringen, wenn versucht wird von den reichen Ausländern mehr zu bekommen, als einem eigentlich zusteht.

Wir haben versucht, uns nicht übers Ohr hauen zu lassen und uns unrealistisch erscheinende Deals abzulehnen und andererseits faire Preise zu bezahlen und mit Trinkgeldern grosszügig zu sein.

Hier neben ein paar generellen Hinweisen auch ein paar, wie man Übervorteilung vermeiden kann:

 

Bahn und Bus

Marokko hat ein relativ gut ausgebautes Bahn- und Busnetz. Die Billetpreise sind moderat.

Für lange Bahnfahrten ist die 1. Klasse empfehlenswert.

Für Busreisen sind Supratour-Busse oder die staatlichen Busse von CTM sehr bequem. Supratour ist mit der Bahngesellschaft ONCF verbunden. Aber es gibt auch private Buslinien unter denen grosse Konkurrenz herrscht.

Mit dem Kauf eines Billets ist gleichzeitig eine Platzreservation verbunden. Wenn man die Vorzugssitze ganz vorne rechts (Sitz 3 und 4) möchte, muss man rechtzeitig reservieren. Sind diese Sitze schon besetzt, kann man möglicherweise bei Fahrtantritt mit diesen Sitzinhabern verhandeln und eine Entschädigung anbieten.

 

Taxis

Kommt man in einem Zug- oder Busbahnhof an und braucht ein Taxi, muss man damit rechnen, dass der Fahrpreis, der einem genannt wird, um ein Mehrfaches höher ausfällt, als er normalerweise betragen würde. Ist man neu im Ort und weiss nicht wie lang die Strecke ist, eine Vertrauensperson (Buschauffeure, Einheimische etc.) fragen, wieviel der Fahrpreis in etwa sein wird.

Wenn immer möglich, Taxi mit einem Zähler (compteur, Taxameter) nehmen. Darauf schauen, dass er auch eingeschaltet ist und funktioniert. Am Tag gilt Tarif 1, in der Nacht Tarif 2. Die zweitbeste Art ist, mit dem Chauffeur einen Preis für die Fahrt abzumachen. Es kann aber sein, dass am Ziel dann doch mehr verlangt wird, da noch Gepäck transportiert worden sei.

Meist ist es besser nicht in ein Taxi steigen, in dem schon ein Fahrgast sitzt. Der Taxifahrer kassiert dann nämlich zweimal und fährt eventuell unnötig umher.

 

Mit dem Mietwagen unterwegs

Die grossen international tätigen Mietwagen-Anbieter, wie Hertz, Avis, Sixt, Europcar, etc., sind teurer, als die lokalen. Man wird bei diesen bei diesen Firmen besser aufgehoben sein, sollte sich ein Problem ergeben (schon wegen der Sprachkompetenz der Angestellten). Der Konkurrenzdruck unter den Anbietern ist sehr hoch. Preise vergleichen lohnt sich.

Die Strassen sind meistens in gutem Zustand und über Land hat es nicht allzu viel Verkehr. In den Städten ist es aber stressig. Und vor allem sollte vermieden werden in der Nacht zu fahren, da oft Menschen und Tiere auf den Strassen sind, sowie Fahrzeuge ohne Beleuchtung.

In den Kreiseln hat man meistens Vortritt, aber nicht ganz immer, wenn nicht, ist es zwar signalisiert, aber für viele Ausländer ungewohnt.

In manchen Reiseführern wird empfohlen aus Sicherheitsgründen keine Autostopper mitzunehmen. Sicher ist es besser genau hinzuschauen, auch ob nicht in der Nähe noch weitere Personen sind, die warten und dann auch einsteigen wollen. Auch wird empfohlen, nicht anzuhalten, wenn unterwegs jemand einem dazu auffordert, der eine Panne hat, denn es kann sich um eine fingierte Panne handeln.

Auf Parkplätzen kann es vorkommen, dass man beim Wiedereinsteigen um Geld angehalten wird, jemand habe das Fahrzeug bewacht, oder die Scheiben geputzt.

 

Führer und Hilfestellungen

Ist man in Städten zu Fuss unterwegs, kommt es oft vor, dass man angesprochen und gefragt wird, wohin man gehen wolle. Danach wird man gerne auch ungefragt begleitet. Diese kleine Dienstleistung kann sich sehr ausdehnen, man hat dann plötzlich einen privaten Reiseleiter. Das kann zu nicht bescheidenen Geldforderungen führen. Möchte man nichts gezeigt bekommen und nicht geführt werden, muss man die einem nachlaufenden „Führer“ vehement wegweisen. Ein beliebter Trick der „Führer“ ist zu behaupten, dass der Weg den man einschlägt, gesperrt sei. Ungeniert weitergehen und selbst herausfinden, die Aussage ist meistens falsch! Wenn man nach dem Weg fragen muss, fährt man am besten, wenn man ältere Leute fragt, oder Ladenbesitzer, die allein im Laden sind und ihn nicht verlassen können. Aber auch da kann es passieren, dass rasch ein Jugendlicher herbeigerufen ist, der einem dann den Weg zeigen soll, natürlich gegen Entgelt. Wird für eine kleine Dienstleistung, z.B. eine Auskunft, ein überhöhter Preis verlangt, z.B. 10 Euro, vehement ablehnen (evtl. auch laut werden)! Im Notfall weggehen und gar nichts geben! Für kurze Begleitungen ist es aber üblich ein Trinkgeld zu geben, Jugendlichen etwas weniger, Erwachsenen etwas mehr.

Es gibt auch offizieller Führer vom Tourismusamt. Z.B. Fès wird es sehr empfohlen, einen solchen zu engagieren, da die Altstadt sehr kompliziert sei mit den vielen Gassen und Sackgassen. Aber auch offizielle Führer schützten nicht sicher vor Enttäuschungen. Abgesehen vom relativ hohen Preis, haben sie die Tendenz, die meiste Zeit der Führung in den Läden zu verbringen, von denen sie Kommissionen beziehen. Dabei wird der Wunsch kein „Ladenprogramm“ zu absolvieren, eher ignoriert.

Nimmt man einen „Guide Noir“ (nicht offizieller Führer), ist es natürlich ratsam, sich vorher bezüglich Besichtigungsprogramm und Preis absprechen. Guides Noirs müssen nicht unbedingt schlecht sein, manchmal sind sie sogar besser als die offiziellen!

 

Hotels

Hotels in den Medinas sind oft in ursprünglichen Häusern, Riads und Dars, mit reich geschmückten Innenhöfen, haben aber keinen Lift. Für fünfzig bis hundert Franken pro Doppelzimmer kann man in solchen, zwar einfachen, aber sehr orientalisch und romantisch anmutenden Unterkünften gut übernachten und anschliessend im Innenhof frühstücken. Hat man ein Zimmer mit dem Fenster zum Hof, was meistens der Fall ist, geniesst man zudem inmitten der Stadt fast absolute Ruhe. Zudem haben diese Häuser oft lauschige Dachterrassen, wo man sich auch aufhalten kann, z.B. in der Abenddämmerung bei einem frischgepressten Orangensaft, ruft dann noch der Muezzin, ist die Stimmung perfekt. Solche Wohnerlebnisse machen einen Teil der kulturellen und sinnlichen Freuden aus, die das Land einem bietet. Vor allem kleinere Hotels akzeptieren nicht immer Kreditkarten. Die teureren Hotels sind dann eher in der Neustadt. Dort hat es auch Lifte und man schleppt sein oft Gepäck nicht selbst hinauf.

In der Nebensaison sind Preisnachlässe möglich.

Braucht man Internet (Wi-Fi) im Zimmer immer vor der Reservation danach fragen. Auch in besseren und teureren Hotels ist es keine Selbstverständlichkeit, dass es im Zimmer drahtlosen Internetanschluss gibt. Ein vorhandenes Wi-Fi-Signal heisst nicht, dass das Internet auch funktioniert. Das Internet funktioniert aber meistens in der Hotellobby. Aber da kann es laut und ungemütlich sein. Internet ist in Marokko generell langsam und unstabil.

 

Restaurants

Steht man vor einem Restaurant und möchte die Menükarte lesen, ist das kaum möglich, ohne dass ein Angestellter kommt und mit den Verkaufsverhandlungen beginnt. Will man aber in Ruhe lesen, muss man freundlichen aber bestimmt darauf hinweisen, dass man in Ruhe seinen Entscheid fällen möchte. Danach hat man aber noch nicht unbedingt Ruhe, die Forderung muss wiederholt werden, und wenn es gar nicht möglich war, sind wir auch schon zu einem anderen Lokal weitergegangen.

Auf den ersten Blick ist die Menüauswahl bei einheimischen Gerichten gering. Die Menüs drehen sich hauptsächlich um Tajines und Couscous, diese aber in verschiedenen Zubereitungsarten. In grösseren Orten findet man aber auch Restaurants mit internationaler Küche.

Marokko ist ein muslimisches Land und darum herrscht Alkoholverbot. Ausser in den teureren Touristenrestaurants wird man keine alkoholischen Getränke bekommen, meist nicht einmal alkoholfreies Bier. Werden alkoholische Getränke angeboten, sind sie relativ teuer.

 

Souks (Märkte)

Auf den Märkten herrscht ein gewaltiges Überangebot an Waren und die Konkurrenz ist entsprechend gross. Es gibt keine einheitlichen Preise, diese werden je nach Kunde gemacht.

Ein Gang durch die Märkte kann zum Spiessrutenlauf werden. Überall wird man „aufs Freundlichste“ angesprochen (Where are you from?, How are you?, Bienvenue en Maroc!, etc.) Ist man aufs Erste an den Angeboten nicht interessiert, den Blick senken und Desinteresse zeigen. „Anmachversuche “ einfach überhören und sich nicht in Gespräche verwickeln lassen. Das wirkt vielleicht unfreundlich, ist aber oft die einzige Möglichkeit durchzukommen. Man kann nicht in Ruhe etwas betrachten, ohne das ein Händler dazukommt und die Vorteile seiner Waren anpreist. Wenn man in einem Laden an etwas interessiert ist, muss man sich auf ein längeres Verhandlungsprozedere einstellen. Gerne wird man in lange Gespräche verwickelt, es wird ev. sogar Tee angeboten, oder einfach serviert – die Marokkaner beherrschen das „Beziehungsmanagement“.

Die beste Möglichkeit in Ruhe Produkte zu betrachten, sich über sie zu informieren und einen angemessenen Preis zu erfahren, ist der Besuch eines „Ensemble Artisanal“, eine staatliche Einrichtung mit Werkstätten, Läden und fixen Preisen. Solche Einrichtungen findet man in den grösseren Orten.

 

Private Einladungen

Marokko ist ein gastfreundliches Land und es kann durchaus vorkommen, dass man von Einheimischen nach Hause eingeladen wird. Die Regel sagt, dass man in diesem Fall ein kleines Geschenk übergeben soll, aber kein Geld, da das als Beleidigung aufgefasst werden könnte. Trotzdem kann es vorkommen, dass nach einem Besuch um Geld gebeten wird.

 

Bettler

In einem Land, das weder eine Sozialfürsorge noch ein solide finanziertes Rentensystem kennt, müssen vor allem Alte und Kranke, besonderes in den Grossstädten, von Almosen leben. Das Almosengeben ist in muslimischen Gesellschaften eine religiöse und soziale Verpflichtung. Auch Touristen sollten das tun, wo die Bedürftigkeit offensichtlich ist. Wenn es sehr viele Bettler gibt, muss man auswählen. Wir haben dabei vor allem ältere Frauen berücksichtigt.

Bettelenden Kinder sollte man aber kein Geld geben, wenn schon eher Schulmaterial (Kugelschreiber, Hefte). Seit nun doch sehr viele Kinder zur Schule gehen können, hat die Zahl der bettelnden Kinder sehr abgenommen. Am liebsten hätten wir sie mit Zahnpflegemitteln versorgt, da die Zähne der meisten Marokkaner auffallend schlecht sind. Aber da bräuchte es ja noch weitere Anstrengungen, wie Aufklärung und Instruktion.

 

Telefonieren

Es ist zu empfehlen, eine SIM-Karte eines lokalen Anbieters (z.B. Maroc Telecom /Jawal) zu kaufen. Diese Karten sind sehr preisgünstig und der Erwerb geht ohne Formalitäten vonstatten. Wenn im Land telefoniert weren muss (z.B. für eine Hotelreservation), kostet das fast nichts und auch Anrufe ins Heimatland sind mit diese Karte sehr günstig. Man sollte sich die SIM-Karte vom Verkäufer auf dem Handy einrichten lassen.

 

Sprachen

Französischkenntnisse reichen in Marokko für eine Verständigung aus. In den Touristenorten wird auch Englisch gesprochen. Einen guten Eindruck macht man, wenn man einige arabische Worte – etwa die gängigen Grussformeln – beherrscht (siehe auch Glossar).

 

Individualreisen

Marokko ist ein ideales Reiseland für Individualtouristen. Wer auch nur ein wenig Talent zum Improvisieren hat, wer sich für Land und Leute interessiert, und eine Begabung für die oft fintenreichen Prozeduren beim Handeln entwickelt, wer sein vielleicht verschüttetes Schulfranzösisch zu aktivieren vermag und sich zutraut, eine Unterkunft auf eigene Faust zu suchen, kurz, wer Reisen auch als nicht vollkommen planbares Erlebnis und Abenteuer begreift, der kann wunderbar als Individualtourist durch Marokko reisen. Die freundlichen Menschen und der gut ausgebaute öV erleichtern es sehr. Und wer sich bemüht Arabisch zu sprechen, sei es auch noch so rudimentär, für den werden sich manche Tore öffnen.

 

Sicherheit

Marokko wird vom EDA als stabiles Land eingestuft. Die über Marokko verbreiteten Schauermärchen kann man vergessen. Zu den Konsequenzen des politischen Systems einer (fast) absoluten Monarchie gehören die überaus wachsamen und effizienten Geheim- und Sicherheitsdienste einschliesslich einer professionell agierenden Tourismuspolizei. Delikte von Gewaltkriminalität sind selbst in den Metropolen des Landes wesentlich seltener als in Westeuropa.

Es wird lediglich vor bestimmten Regionen gewarnt, so dem Rifgebirge, den Grenzregionen zu Algerien und Mauretanien. Auch sei es ratsam in Wüstenregionen nicht allzu weit in einsame Gegenden zu fahren oder zu wandern.

Wir hatten nie Angst beklaut zu werden, noch haben wir andere Touristen angetroffen, die diesbezüglich schlechte Erfahrungen gemacht hatten. Diebstahlsdelikte werden oft durch bodenlosen Leichtsinn provoziert. Gelegenheit macht Diebe, auch in Marokko. Taschendiebe agieren gerne in überfüllten Verkehrsmitteln, in engen Souk-Gassen und im Gewusel von Busbahnhöfen. Empfehlenswert ist auch, immer genügend Kleingeld bereitzuhalten (siehe auch unter Allgemein / Sicherheit).

Die Grenzen zwischen Übervorteilung und Betrug sind beim Handeln orientalisch fliessend. Man sollte die Preise für alle Arten von Dienstleistungen im Voraus aushandeln und an diesen Abmachungen festhalten.

Siehe auch: Die Angst beklaut zu werden

 

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