König Mohamed VI (M6)

M 6 – Mittelalter oder Moderne

M 6 ist das besonders bei marokkanischen Jugendlichen gängige Kürzel für Seine Majestät Mohamed Vl.

Nach dem Tod seines Vaters Hassan ll. hat er – Fluch der dynastischen Erbfolge – ein schwieriges politisches Erbe übernommen.

Als Hassan ll. am 23. Juli 1999 starb, kursierten in Rabat Gerüchte, nach denen Erbprinz Mohamed am liebsten zugunsten seines jüngeren Bruders Moulay Rachid auf den scherifischen Königsthron verzichten würde.

Die marokkanische Monarchie, ihre innere Mechanik wie ihre soziale Geometrie, ist vielleicht deshalb so schwer zu fassen, weil es im Land zwei gänzlich verschiedene politische Sphären und Systeme, womöglich sogar zwei Staaten gibt. Der Makhzen (königliche Zentralgewalt), ein auf mittelalterlich feudalen Klientelstrukturen aufbauendes Instrumentarium absoluter Herrschaft, konserviert bis heute eine Art vormodernes Gottesgnadentum als Fundament politischen Handelns. Ihm gegenüber agiert ein Netzwerk aus Parteien und Parlamentariern, Kabinettsmitgliedern und Funktionären. Absolutismus und Parteienpluralismus, göttliche Sendung und demokratisches Mandat, Makhzen und Parlament, königliches dahír (Dekret) und Verfassung, höfisches Zeremoniell und demokratische Öffentlichkeit:

Das unter Hassan ll. zur Manövriermasse erstarrte Konglomerat der Regierungsparteien versuchte Mohamed Vl. 2005 durch ein modernes Parteiengesetz aufzulösen, nach dem sich politische Parteien in Zukunft durch Statuten und Programme, klare innere Hierarchien und Minderheitsquoten für Frauen legitimieren müssen; zudem müssen sie mindestens 1000 Mitglieder aus mindestens der Hälfte der Provinzen des Landes nachweisen und regelmässige Parteitage und Delegierten-Konferenzen abhalten.

M 6 – ein Reformer auf dem Königsthron? Es ist Skepsis angebracht. Auch in seinen Reformprojekten scheint der Monarch Politik eher zu inszenieren – um seine Machtbasis nicht bröckeln zu lassen. Was taugt eine Versöhnungskommission, wenn die Namen der Folterer nicht genannt werden dürfen und wenn nicht Anklage erhoben werden darf?

Was ist ein gut gemeintes neues Familienrecht wert, wenn es kaum Familienrichterinnen gibt und die meisten Scheidungen dadurch zustande kommen, dass die Frauen zuvor auf alle Ansprüche verzichten?

So sieht kein entschlossener Strukturwandel aus, sondern allenfalls die vorsichtige Öffnung des Systems in homöopathischen Dosen. Bis heute dirigiert M 6 ganze Branchen der Nationalökonomie, etwa die Phosphatwirtschaft, mit königlichem Monopol.

Nach den Untersuchungen von Transparency International nimmt die Korruption in Marokko zu.

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