Arganöl – Das weisse Gold Marokkos

Kulinarische Delikatesse, kosmetisches Anti-Aging-Produkt, alternatives Heilmittel bei Wunden und Magenproblemen, Rezeptur gegen ausgetrocknete Haut und brüchiges Haar: Das Vitamin-E-reiche Arganöl, nussig im Geschmack und von einem fein-würzigen Duft, erlebt in Europa seit einigen Jahren einen regelrechten Hype. Nicht allein große Kosmetikkonzerne, auch die Alternativmedizin, die Slow-Food-Industrie, die Naturkosmetik und die gesamte Bio-Branche haben es entdeckt – Arganöl, als »argan d’or« sogar bio-zertifiziert, ist chic, trendy und sexy. Kein Wunder, dass die Preise in Deutschland inzwischen etwa 80-100 E pro Liter erreicht haben – Tendenz steigend.

Die Herstellung von Arganöl, eine komplexe, zeitraubende Prozedur, ist Frauenarbeit seit Generationen: das Ernten der Früchte, das Schälen und Entfernen des Fruchtfleischs, das Aufschlagen der Nüsse, das Sortieren, Rösten und Mahlen der Samenkerne. Die in Handmühlen zerstoßenen Kerne werden zu einer Art Paste geformt, aus der die Berberinnen kleine, braune Kuchen machen, die, mit Wasser versetzt, so lange geknetet und gewalkt werden, bis sich das kostbare Öl aus der Materie löst.

Je nach Qualität lassen sich aus etwa 100 kg Arganfrüchten zwischen 10 und 20 kg Samenkerne gewinnen, und aus diesen destillieren die Frauen – bestenfalls – einen einzigen Liter ÖI.

Arganöl gilt inzwischen als das weiße Gold Südwest-Marokkos. Nur hier, auf den kargen, versteppten Böden der südlichen Sous-Ebene und an den Südwestflanken des Hohen Atlas wächst der Arganienbaum, ein gedrungener, dornenbewehrter Baum, breiter als hoch, ein Gewächs, das bis zu 250 Jahre alt werden kann und dessen Wurzeln sich, ein wirksames Bollwerk gegen die drohende Desertifikation, extrem tief in den sandigen Böden verzweigen.

Wer zwischen Agadir und Tiznit, Taroudannt und Tafraoute im Auto unterwegs ist, staunt über die zahlreichen Schilder, die immer wieder den Weg zu einer regionalen Kooperative zur Herstellung von Arganöl weisen. Und immer sind es Frauenkooperativen: Arganöl ist in dieser Provinz Marokkos nicht nur ein ökonomischer Faktor ersten Ranges, sondern auch ein Vehikel gesellschaftlicher Emanzipation. Die Zeiten, als die Frauen sich mit der Herstellung des ›weißen Geldes« abplacken mussten, während die Männer als Zwischenhändler und Vertriebsstrategen die Profite aus dem Verkauf abschöpften, scheinen endgültig passé. Produktion, Vertrieb, Export, Werbung, Verkauf, Vermarktung – diese ganze ökonomische Kette scheinen die Frauenkooperativen immer seltener aus der Hand geben zu. wollen.

Selbst die Tourismusbranche setzt inzwischen werbewirksam auf den Faktor Arganöl. Das Tourismus-Informationszentrum in Tiznit etwa bezieht die im Kontext eines ›solidarischen« Tourismus lancierten Entwicklungsprojekte ganz bewusst auf das »pays d’Argan«, also auf das Land der Arganie. lm Rahmen eines von der Behörde propagierten „sejour solidaire“ eines solidarischen Aufenthaltes, wird für die Touristen die Möglichkeit geschaffen, zahlreiche der Frauenkooperativen zu besuchen, die sich der Herstellung von Arganöl widmen.

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