Meknes, Provinzhauptstadt mit heute immerhin knapp 700‘000 Einwohnern, bedeutend als Handels- und Handwerkszentrum sowie als Standort der Nahrungsmittelindustrie, gehört als eine der vier Königs Städte zu den sehenswertesten Orten Marokkos. Meknes, etwa 550 m hoch in der fruchtbaren Hügellandschaft Plaine du Sais vor den Nordausläufern des mittleren Atlas gelegen, wird vom Fluss Oued Boufekrane in zwei gänzlich verschiedene Hälften geteilt. Östlich des liegt auf einem Plateau die Neustadt von Meknes, westlich die Medina, an die sich im Süden die ausgedehnten Ruinen der Ville impériale, der einstigen Residenz von Moulay Ismail, anschliessen.
Der Name der Stadt ist von dem Berberstamm der Meknassa abgeleitet, die seit dem 10. Jh. in der Region siedelten. Die eigentliche Stadtgründung als almoravidische Festung datiert aus dem Jahr 1063. lm späten 12. Jh. stieg sie zu einem wichtigen Handelsort auf, im 13. Jh. aber folgte der Niedergang aufgrund der Kämpfe zwischen den Dynastien der Almohaden und Meriniden und durch den Aufstieg von Fès. Mehrfache Rebellionen und Plünderungen im Lauf des 15. Jh. beschleunigten den Verfall, und bis ins 17. Jh. blieb die Stadt unbedeutend.
Moulay Ismail
Mit dem Regierungsantritt von Moulay Ismail, des zweiten Alaouitensultans, im Jahre 1672 erlebte Meknes einen rasanten Aufstieg. Vermutlich, weil die Fassi (Bewohner von Fès) immer wieder Aufstände gegen die Zentralmacht des Sultans angezettelt hatten und weil er als Bauherr mit seinen ehrgeizigen Projekten eine völlig neue Stadt schaffen wollte, verlegte der Jahrhundertsultan Moulay Ismail seine neue Residenz 1672 nach Meknes. Kilometerlange Sichtachsen, eine monumentale Palastarchitektur und nicht zuletzt die gigantische Speicherstadt: Meknes ist Moulay Ismails Stadt, ein Stein gewordener Traum von Macht, so wie Versailles mit seiner Herrschaftsarchitektur das absolutistische Selbstverständnis Ludwigs XIV. spiegelt. Kein Zufall, dass Moulay Ismail immer wieder mit dem französischen Sonnenkönig (zu dem er Handelsbeziehungen aufbaute und um dessen Tochter Anne-Marie de Bourbon, Prinzessin de Conti, er anhalten liess) verglichen wird. In den 55 Jahren seiner Herrschaft festigte dieser grausamste Regent der marokkanischen Geschichte, gestützt auf ein aus schwarzen Sklaven zwangsrekrutiertes, etwa
150‘000 Mann umfassendes Heer, gestützt auf skrupellose Diplomatie, barbarische Steuergesetzgebung sowie ein grossangelegtes Festungssystem, die politische Zentralmacht des Makhzen wie kein Sultan vor ihm – und wie nur wenige nach ihm. Meknes wurde mit 30‘000 Sklaven darunter etwa 3‘000 gefangene Christen, zu einer monumentalen Residenz ausgebaut. Volubilis und der El Badi-Palast in Marrakesch dienten dabei als Steinbrüche.
Von zahlreichen Legenden überwuchert ist das Privatleben Moulay Ismails (er soll um die 1‘000 Söhne gezeugt haben; sein Harem sei laut zeitgenössischer Chronisten von mehr als 500 Frauen bevölkert gewesen), prunkvoll seine Hofhaltung, herablassend sein Gebaren, grausam sein Herz (so soll er bei Folterungen sogar selbst mit Hand angelegt haben).
Nach dem Tod Moulay lsmails im Jahre 1727 wurde die Residenz wieder nach Fès verlegt, das Reich zerbrach unter Diadochenkämpfen, die Palastanlagen von Meknes wurden weitgehend zerstört. Weiteren Verfall brachte der Stadt das verheerende Erdbeben von 1755. Meknes blieb bis 1912 unbedeutend; danach stieg es zum bedeutenden Handelszentrum für landwirtschaftliche Produkte auf. Heute zählt Meknes zu den wichtigsten Handelsstädten Marokkos. Es beherbergt die Nationale Landwirtschaftsschule und ist Standort einer bedeutenden Nahrungsmittelindustrie (Obst- und Gemüsekonserven, Weinanbau für den Export überwiegend nach Frankreich).