Text Bulgarien

Bulgarien

Bulgarien ist eine Republik in Südosteuropa mit etwa 7,2 Millionen Einwohnern.

Bulgarien ist EU- und NATO-Mitglied.

 

Die Republik Bulgarien liegt im Osten der Balkanhalbinsel. Bulgarien grenzt im Norden an Rumänien, im Westen an Serbien und Mazedonien, im Süden an Griechenland und die Türkei. Im Osten bildet das Schwarze Meer die natürliche Grenze. Hauptstadt und Regierungssitz der Republik Bulgarien ist Sofia. Weitere bedeutende wirtschaftliche, administrative und kulturelle Zentren sind die Städte Plowdiw, Warna, Burgas, Russe und Stara Sagora.

Das Territorium Bulgariens besteht zu zwei Dritteln aus den Tiefebenen, die durch die Flüsse Donau und Mariza mit ihren zahlreichen Nebenflüssen gebildet werden. Dazu wird es durch zwei große Gebirgsketten markiert: das Balkangebirge und die Rhodopen.

 

In Bulgarien leben ca. 7 Millionen Menschen. Nach der Volkszählung 2011 sind 84,8% der Bevölkerung Bulgaren; 8,8% sind Türken, 4,9% Roma. Die Roma gehören in Bulgarien zu den am stärksten von Marginalisierung betroffenen Bevölkerungsgruppen. Ihre soziale Lage ist von Armut, einem zumeist niedrigen Ausbildungs- und Erwerbsniveau sowie sozialer Stigmatisierung geprägt. Diese Lebenssituation hat sich durch den Transformationsprozess der 1990er Jahre verstärkt und trifft besonders die Roma-Frauen, die sowohl unter sozialer Perspektivlosigkeit als auch unter patriarchalen Familienstrukturen zu leiden haben.

Bulgarien wird, ähnlich wie Israel und einige weitere osteuropäische und asiatische Staaten, als ethnische Demokratie beschrieben, in der „die Dominanz einer ethnischen Gruppe” institutionalisiert ist.

 

Artikel 13 der bulgarischen Verfassung von 1991 garantiert die Konfessionsfreiheit, hebt jedoch das orthodoxe Christentum als „traditionelle Religion Bulgariens“ hervor.

Die Religiosität und das Vertrauen in die Kirche sind in Bulgarien allerdings wesentlich geringer als zum Beispiel im Nachbarland Rumänien, was auch mit der inneren Zersplitterung der bulgarischen Kirche in Verbindung gebracht wird. So bezeichnen sich nur 52 Prozent der Bulgaren als religiös und nur 22 Prozent gehen mindestens einmal im Monat in die Kirche.

Nach der Eroberung durch die Römer im Jahr 29 v. Chr. begann die Romanisierung der Bewohner. Thrakien und die Staatstaaten an der Küste wurden ein Teil des römischen Reiches.

 

Die Anfänge der bulgarischen Staatlichkeit werden im Jahre 632 gesehen, als das Grossbulgarische Reich gegründet wurde. Seit dem 6. Jahrhundert drangen Slawen – im Jahr 678, nachdem das Grossbulgarische Reich zerfallen war – auch die Bulgaren unter Asparuch auf die Balkanhalbinsel ein. Gemeinsam mit der verbliebenen thrakischen und römischen Bevölkerung gründeten sie das Erste Bulgarische Reich (679 bis 1018; 681 durch Byzanz anerkannt), das zeitweise fast die ganze Balkanhalbinsel umfasste. Erste Hauptstadt wurde Pliska. Damit wurde Bulgarien zum dritten anerkannten Staat in Europa und einer der wenigen, dem das Oströmische Reich tributpflichtig war. Aus der Verschmelzung der Einwanderer mit der örtlichen Bevölkerung entstand das Volk der Bulgaren.

Boris I. trat 864 zum byzantinischen Christentum über. Sein Sohn Simeon I. (893–927), der bedeutendste Herrscher Bulgariens, besiegte die Serben, Ungarn und Byzantiner, errichtete das bulgarische Patriarchat und förderte die altbulgarische Literatur. Während seiner Herrschaft entstand am kaiserlichen Hof auch die kyrillische Schrift. Simeon I. war der erste Herrscher, der den Titel Zar trug, er selbst nannte sich „Zar der Bulgaren und Rhomäer“ (= Oströmer bzw. Byzantiner). Das Reich kam jedoch ab 972 bis 1018 sukzessive unter die Herrschaft von Byzanz.

Seit der Regentschaft Boris I. von Bulgarien im 10. Jahrhundert wurde das Land von Konstantinopel aus christianisiert, weshalb die Mehrzahl der Bulgaren bis heute dem orthodoxen Glauben angehört. Die Christianisierung führte zur ersten kulturellen Blütezeit im Zarenreich. In Preslaw, Pliska und Ohrid entstanden Schulen, von denen aus sich die altbulgarische Sprache und Kultur auch auf die anderen slawischen Völker verbreitete. Obwohl die bulgarische Kultur stark von der byzantinischen geprägt war, spricht man von dem »Ersten Südslawischen Einfluss« und von der altkirchenslawischen Sprache.

Die Brüder Johann und Theodor Peter aus dem Hause Assen errichteten im zwölften Jahrhundert das Zweite Bulgarische Reich mit Tarnowo im Balkangebirge als neuer Hauptstadt. Das zwischen 1186 und 1393 bestehende Reich erlangte unter dem Zaren Iwan Assen II. seine grösste Ausdehnung. Die Hauptstadt Tarnowo wurde zum neuen kulturellen, geistlichen und politischen Zentrum Südosteuropas. Tarnowo wurde von Zeitgenossen als „neues Jerusalem, Rom und Konstantinopel zugleich“ bezeichnet. Zwischen 1393 und 1396 kam ganz Bulgarien unter osmanische Herrschaft, die fast 500 Jahre andauerte. 1444 scheiterte der Versuch der Befreiung Bulgariens durch ein polnisch-ungarisches Heer unter Władysław III., König von Polen und Ungarn, in der Schlacht bei Varna. Teile der bulgarischen Bevölkerung traten in den folgenden Jahrhunderten zum Islam über. Um 1800 erhob sich der geistig-nationale Widerstand mit der Forderung nach Unabhängigkeit. In Bulgarien kam es zu einer Ära der nationalen bulgarischen Wiedergeburt. Ähnlich wie in Westeuropa knüpfte sie an antike und frühere bulgarische und byzantinische Traditionen an, bekämpfte jedoch die Hellenisierung in der Gesellschaft.

Die blutige Niederschlagung des April-Aufstands durch die Türken 1876 und die in Europa erzeugte Empörung führte zum russisch-türkischen Krieg 1877/1878. Nach der Überquerung der Donau und des Balkangebirges mitten im Winter gewannen die russischen Truppen die Oberhand und rückten bis kurz vor Konstantinopel vor. Mit dem Frieden von San Stefano wurden die Grundlagen für den modernen bulgarischen Staat gelegt.

 

Bulgarische Wiedergeburt: Nach der osmanischen Eroberung wurde die bulgarische christliche Kunst fast nur in den abgelegenen Klöstern gepflegt. Bulgarische Künstler waren jedoch an der regen osmanische Bautätigkeit von öffentlichen Gebäuden und Bauten in der Zeit nach der Eroberung beteiligt. Vom 15. bis 18. Jahrhundert war die von der Mönchsrepublik Athos ausgehende Kunst bestimmend. Mit der bulgarischen Wiedergeburt am Ende der osmanischen Besatzung entstanden überall in den bulgarischen Ländereien neue Kunstschulen (über 40 sind bekannt), die alle dem so genannten Wiedergeburtsstil angehörten. In dieser Zeit entwickelte sich die Holzschnitzerei als spezifische bulgarische Kunst.

 

Zarentum Bulgarien: Nach dem Berliner Vertrag, der ein Machtkompromiss der Großmächte war, wurden zwei bulgarische Staaten gegründet. Nördlich des Balkangebirges und südlich der Donau wurde das dem Osmanischen Reich tributpflichtige Fürstentum Bulgarien gegründet, das auch die Region um die neue Hauptstadt Sofia mit einschloss. Südlich des Balkangebirges wurde mit Plowdiw als Regierungssitz die nominell osmanische Provinz Ostrumelien gegründet, die über eine eigene Verfassung verfügte und durch einen vom osmanischen Sultan eingesetzten, jedoch von den Grossmächten gebilligten christlich-bulgarischen Gouverneur regiert wurde. Makedonien, das noch im Vertrag von San Stefano Teil des bulgarischen Staates war, blieb ganz unter osmanischer Hoheit.

 

Im Ersten und Zweiten Weltkrieg kämpfte Bulgarien auf der Seite der Mittel- bzw. Achsenmächte. Das Königshaus und die Bevölkerung widersetzten sich erfolgreich der Deportation jener Juden, die in den Grenzen von 1941 lebten. In den besetzten Gebieten wurden jedoch den Deutschen 11.343 Juden ausgeliefert.

 

Sozialistische Ära: Am 8. und 9. September 1944 wurde Bulgarien von der Roten Armee besetzt, obwohl sich das Land nicht an der Invasion der Sowjetunion beteiligt hatte und mit der Sowjetunion offiziell nicht im Kriegszustand befand. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geriet Bulgarien unter sowjetischen Einfluss und wurde Mitglied des Warschauer Paktes. Während in anderen Ländern immer wieder Unmut über die sozialistische Herrschaft aufkam, gab es in Bulgarien sehr wenig organisierten und individuellen Widerstand gegen die Führung der Bulgarischen Kommunistischen Partei (BKP). Der Aufstieg der BKP resultierte aus dem Einmarsch der Sowjetunion im September 1944. Unter sowjetischer Kontrolle wurde der früheren politischen Elite zwischen Dezember 1944 und Februar 1945 der „Prozess gemacht“, so dass insgesamt mehr als 2700 Menschen zum Tode verurteilt wurden und eine unbestimmte Zahl in Lager gesteckt oder umgesiedelt wurde oder einfach verschwand. Am 1. Februar 1945 begann man mit der Vollstreckung der Todesurteile. In dieser Zeit wuchs auch die Mitgliederzahl der BKP auf über 250.000 an.

Zentrale Ziele waren in dieser Zeit die Entwicklung einer kommunistischen Gesellschaft, „die sich durch Klassenlosigkeit, Gerechtigkeit, Gleichheit, Humanität in den sozialen Beziehungen, Streben nach Höherem, Wohlstand und Modernität auszeichnen würde“.

Durch verstärkten innerparteilichen Druck (der somit nicht wie beispielsweise in der DDR durch bürgerliche Gegenbewegungen entstand) trat Todor Schiwkow am 10. November 1989, also einen Tag nach der Berliner Maueröffnung, zurück. Parteiintern hatte es zuvor einige Konflikte gegeben, da der bereits 1988 eingeleitete Reformkurs nicht schnell genug vorangetrieben wurde.

Ziel der Parteielite war es, „die Macht weiter in den Händen einer ‚reformierten‘ BKP zu sichern und allenfalls eine Modifikation des Systems, nicht aber einen generellen Systemwechsel einzuleiten. Überstürzt wurden alte Weggefährten Schiwkows aus der Parteiführung entlassen und seine über dreissigjährige Amtszeit einer harschen Kritik unterzogen“. Als eine der ersten Massnahmen wurde am 17. November 1989 Petar Mladenow zum neuen Vorsitzenden des Staatsrates benannt und einen Monat später, am 18. Dezember, Todor Schiwkow aus der Partei ausgeschlossen. Ebenso benannte man die BKP in Bulgarische Sozialistische Partei (BSP) um.

 

Am 18. November 1989 fanden in Sofia und anderen grossen Städten des Landes die ersten Demonstrationen statt, nachdem bekannt geworden war, dass die BKP keine grundlegenden Änderungen des politischen Systems verfolge. Diese Demonstrationen waren von informellen Organisationen wie der Gewerkschaft Podkrepa, der Unabhängigen Gesellschaft zum Schutz der Menschenrechte und der ökologischen Bewegung Ekoglasnost organisiert.

Die Parlamentswahlen am 17. Juni 2001 gewann überraschend mit 42,7  Prozent der Stimmen die erst kurz zuvor gegründete Nationale Bewegung Simeon II., NDSW um den ehemaligen bulgarischen Zaren Simeon II. von Sachsen-Coburg und Gotha, der nach 55 Jahren aus dem spanischen Exil zurückgekehrt war. Wegen des stark betonten republikanischen Prinzips in der Verfassung slawisierte er seinen Namen zu Simeon Sakskoburggotski und legte monarchische Namenszusätze ab, nachdem die Wahlbehörden die Rechtsauffassung geäussert hatten, er sei als früherer König nicht wählbar. Wesentlichen Anteil an dem Erfolg hatte das Versprechen, innerhalb von 800 Tagen eine deutliche Verbesserung des Lebensstandards herbeizuführen. Dazu schlug er eine Erhöhung des Lohnniveaus und Steuersenkungen vor.

 

Korruption stellt in Bulgarien ein gravierendes Problem dar. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) bemängelte bereits mehrfach Korruption und Veruntreuung von EU-Geldern in Bulgarien. Im November 2008 kürzte die Europäische Union Bulgarien aufgrund mangelnder Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung 220 Millionen Euro Fördergelder. Bereits im Juli 2008 waren 825 Millionen Euro an Hilfen vorübergehend eingefroren worden. Auf dem weltweiten Corruption Perceptions Index 2011 von Transparency International erreichte Bulgarien mit Platz 83 von 182 das schlechteste Ergebnis innerhalb der Europäischen Union und fiel damit gegenüber dem Vorjahr um 13 Plätze. 2009 erreichte Bulgarien noch den Platz 71 von 180 Staaten.

 

 

Sofia

Sofia ist eine sehr alte Stadt. Im 2. Jahrhundert vor Christus siedelten Thraker auf dem Stadtgebiet, wahrscheinlich wegen den Thermalquellen. Im 1. Jahrhundert nach Christus wurde die Stadt unter dem Namen Serdica von den Römern annektiert (einige Grundmauern sind freigelegt worden und können besichtigt werden). Im 4. Jahrhundert nach Christus wurde Serdica, durch den römischen Kaiser Konstantin der Grosse, ein christliches Zentrum. Während der osmanischen Zeit wurde einiges zerstört und später wieder aufgebaut. Obwohl Sofia eine lange Geschichte hat, gibt es keine Altstadt. Altes (je tiefer man gräbt, desto älter) und Neueres liegt nahe beisammen. Neben der Metro und Bussen gibt es auch Strassenbahnen.

Religionsdreieck im Zentrum: Auf einer Fläche von weniger als einem Quadratkilometer stehen eine orthodoxe Kirche, eine Moschee und eine Synagoge.

Ebenfalls im Zentrum stehen monumentale Gebäude aus der Kommunistischen Zeit, eine vornehme Markthalle, sowie der einfache Frauenmarkt, auf dem Selbsthergestelltes und Allerlei verkauft wird.

Hoch oben, über allem, steht auf einer Säule die heilige Sofia in Schwarz und Gold. Sie hat aber der Stadt nicht den Namen gegeben, sondern sie steht erst seit dem Ende der kommunistischen Zeit da, vorher war es Lenin.

Und schliesslich findet man das inoffizielle Wahrzeichen der Stadt im gleichen Quartier, die Mineralwasserquellen. Das frühere Zentralbad hinter der Moschee ist heute ein Museum, aber daneben gibt es einige Brunnen, aus denen 46 Grad warmes Mineralwasser fliesst und von vielen Bewohnern der Stadt in Plastikflaschen abgefüllt wird. Sonst werden die 40 Mineralwasserquellen, die es auf dem Stadtgebiet haben soll, wenig genutzt. Es gibt kein Thermalbad in der Stadt (was sich aber in Zukunft ändern soll).

Bei etwas genauerem Hinsehen bemerkt man, dass es viele sehr arme Leute gibt, wobei die Armut eher versteckt wird. Dafür wird andererseits mit Luxusautos geprotzt.

 

 

Quellen:

·         Free Walking Tour Sofia

·         Reisehandbuch Bulgarien, Dumont

·         Eigene Beobachtungen

 

 

Sept. 2016 / RH