Kambodscha generell

Generell

 

 Die drei Farben in der kambodschanischen Flagge bedeuten, blau – das Königreich, rot – die Nation, weiss – die Religion.

In weiss ist Angkor Wat abgebildet.

 Allgemein

„Nation, Religion, König“
Amtssprache Khmer
Hauptstadt Phnom Penh
Staatsform parlamentarischeWahlmonarchie
Regierungssystem parlamentarisches Regierungssystem
Staatsoberhaupt König Norodom Sihamoni
Regierungschef Premierminister Hun Sen
Fläche 181.040 km²
Einwohnerzahl 14.138.255 (2010)
Bevölkerungsdichte 76 Einwohner pro km²
Bruttoinlandsproduktnominal (2010) 14 Mrd. USD 
Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner 931 USD (2010)
Human Development Index ▲ 0,543 (138.)
Währung Riel (KHR)
Unabhängigkeit 9. November 1953
(von Frankreich)

 

 

mka

 

 

Das Land ist ca. halb so gross wie Deutschland und mit 14 Millionen Einwohnern nur dünn besiedelt. Es ist ethnisch und religiös ein homogenes Land, über 90% der Menschen sind Khmer und Anhänger des Theravada-Buddhismus, pflegen aber gleichzeitig den Geisterglauben.

Vor allem in den Städten hat es auch Chinesen und Vietnamesen, die das Wirtschaftsleben dominieren. Dann gibt es noch eine Minderheit von muslimischen Cham. Die wurden während des Pol Pot Regimes verfolgt und viele ihrer Moscheen zerstört. Weitere Minderheiten bilden diverse Bergvölker.

In den letzten Jahren hat sich die Lebenssituation der Kambodschaner stetig verbessert, aber das Land gehört doch zu den ärmeren Südostasiens. Die Lebenserwartung liegt für Männer bei 59 für Frauen bei 62 Jahren.

Die Währung ist der Riel, 100 000 Riel sind ca. Fr. 25.-. Für grössere (und kleinere) Beträge ist der US-Dollar beliebtes Zahlungsmittel.

Geschichte, Rote Khmer, Politik

Es gibt Hinweise, dass schon 4000 vor Chr. Menschen in der Region lebten. Hochblütezeit war die Angkorianische Epoche. Es war das mittlere Khmer-Reich vom  9. bis 13. Jahrhundert. Hauptstadt war Angkor, mit ca. einer Million Einwohnern um 1200 n. Chr., damals die grösste Stadt der Welt. (Vor-Angkorzeit 1.-8. Jh., Nach-Angkorzeit 14.-20. Jh.).

Einer breiteren Öffentlichkeit im Westen wurden die Überreste von Angkor Ende des 19. Jahrhunderts bekannt, nachdem Forscher wie Henri Mouhot bebilderte Reiseberichte und geraubte Kunstwerke nach Europa gebracht hatten. Diese Entdeckungsreisenden bereiteten schliesslich den französischen Zugriff auf Indochina vor.

 Im Mittelalter wurde Kambodscha diverse Male von Vietnam und von Siam (Sukkothai und Ayutthaya) angegriffen. Im 16. Jahrhundert wurde das Land völlig von den Siamesen erobert (später wieder zurückerobert, Siam Reap heisst Siam geschlagen).

Französische Herrschaft von 1863 bis 1953: Als 1863 die Franzosen (von Vietnam her) vor der Türe standen, sah Prinz Norodom Sihanouk die Chance, sich mit den Franzosen zusammen gegen Siam zu wehren. Er schloss mit Frankreich Verträge ab. Damit begann die französische Vorherrschaft im Land. 1863 erklärte Frankreich Kambodscha zum Protektorat. Die Franzosen versorgten den König mit Militärhilfe, im Gegenzug verlangte Frankreich Schürfrechte und das Recht zur Exploration des Gebiets, da in Kambodscha (wie auch in Laos) grosse Goldvorkommen vermutet wurden. 1887 wurde Kambodscha Teil des neu geformten Indochina.

 Im 2. Weltkrieg marschierten die Japaner in Kambodscha ein. Nach der Kapitulation Japans schockierte Sihanouk die Franzosen, indem er sich für die Unabhängigkeit stark machte.

Unabhängigkeit  unter Prinz/ König Norodom Sihanouk: Die offizielle Anerkennung erfolgte 1954 in der Genfer Konferenz, mit der Auflage, dass das Land Wahlen durchführe, die die Royalisten gewannen. Sihanouk wollte sein Land neutral gestalten, was die USA, Thailand und Südvietnam ungläubig betrachteten, und jeder Kontakt Kambodschas mit Nordvietnam oder der Volksrepublik China wurde als Konfrontation gegen die USA und Parteinahme bewertet.

Wirtschaftspolitisch suchte Sihanouk einen Weg des langsamen Übergangs von einer landwirtschaftlich dominierten Wirtschaft zu einer Kombination aus Landwirtschaft und Industrie, ohne dabei in ausländische Abhängigkeit zu geraten oder die kulturellen Traditionen Kambodschas zu stören. Seine Vision für Kambodscha bestand aus einem neutralen, buddhistisch geprägten Sozialismus. Neben der Modernisierung der Landwirtschaft sah dies auch den Aufbau eines staatlichen Bildungs- und Gesundheitswesens, sowie einer Industrie vor. Im Bildungswesen und in der Verkehrs- und Bewässerungsinfrastruktur konnten grosse Fortschritte gemacht werden. Die Bevölkerung, insbesondere auf dem Land, verehrte Norodom Sihanouk zu dieser Zeit wie einen Gottkönig.

Zunehmende Grenzüberschreitungen durch Thailand, Südvietnam und die in Vietnam stationierte US-Armee erschwerten die Politik der NeutralitätKambodscha brach die diplomatischen Beziehungen mit den USA ab und nahm diplomatische Beziehungen mit Nordvietnam und dem Vietcong auf. Amerikanische Soldaten, die sich auf kambodschanischem Gebiet aufhielten, wurden gefangengenommen. Während dem Vietnamkrieg gestattete Sihanouk der nordvietnamesischen Regierung, ihre in Südvietnam operierenden Vietkong Guerilla über kambodschanisches Gebiet zu versorgen. Innenpolitisch machten dem jungen Königreich vor allem die Aktivitäten der Vorläufer der Roten Khmer zu schaffen, zwischen denen und der Regierungsarmee es auch bereits zu bewaffneten Konfrontationen kam. Wegen des Abbruchs der amerikanischen Militärhilfe waren auch Angehörige der Armee schlecht auf Sihanouk zu sprechen. 

Die Elite des Landes befand sich in zunehmender Opposition zu Sihanouks Regierungsprogramm. Die rechtsgerichtete Elite störte sich an dessen sozialistischen Teilen, während die linksgerichtete Intelligenzia vor allem die Korruption kritisierte. Die Intelligenz-Elite bestand zu einem grossen Teil aus den Studenten, die Sihanouk im Rahmen seines sozialistischen Programmes mit Stipendien in das Ausland geschickt hatte, um Kambodscha von ausländischen Beratern und Spezialisten unabhängig zu machen. Unter diesen Auslandsstudenten befand sich unter anderem der Mann, der später unter dem Namen Pol Pot die Terrorherrschaft der Roten Khmer leiten sollte. Als diese Studenten zurückkehrten, fanden sie einerseits wenig offene Stellen, und anderseits wurden viele Positionen eher aufgrund von Loyalität, als aufgrund von Fachwissen besetzt. Dazu kam eine zu grosse Toleranz Sihanouks für Korruption in seiner Regierung, Verwaltung und in seiner eigenen Familie.

Lon Nol Regierung: Während einer Auslandsreise wurde Sihanouk 1970 überraschend durch das rechtsgerichtete Parlament abgesetzt. Der bisherige Premier- und Verteidigungsminister General Lon Nol übernahm die Macht in Kambodscha. Aufgrund sehr enger Kontakte zwischen ihm und der amerikanischen Regierung wird bis heute vermutet, dass diese Abwahl durch die USA inszeniert worden sei, jedoch liegen, im Gegensatz zum früheren Putschversuch von 1959, keine Beweise dafür vor.

Stellvertreterkriege: Wenige Tage nach der Machtübernahme von General Lon Nol begannen gemeinsame Angriffe der kambodschanischen, amerikanischen und südvietnamesischen Armee gegen Vietcong-Stützpunkte in Kambodscha, und Kambodscha erklärte den Krieg gegen die Vietcong und die Nordvietnamesische Armee.

1969 begannen die Amerikaner Provinzen in Grenzregionen, wo sie Verstecke des Vietkongs vermuteten, zu bombardieren. Dadurch wurden vor allem kambodschanische Zivilisten getötet, was nach allgemeiner Überzeugung zum Aufstieg der Roten Khmer führte. Der Unmut aus dem linken Lager nahm stetig zu. Ganz Südostasien bildete mehr und mehr den Schauplatz für den Konflikt zwischen den Supermächten China, UdSSR und den USA, repräsentiert durch die pro-westlichen Staaten Südvietnam und Thailand auf der einen Seite und dem kommunistischen Nordvietnam auf der anderen.

Erster Bürgerkrieg, 1970-1975: Die Roten Khmer erwarben sich in dieser Zeit die Unterstützung der Landbevölkerung und rüsteten sich militärisch aus. Dörfer wurden in kommunistische Kooperativen aufgeteilt und die Nachrichtenverbindungen zwischen den Dörfern kontrolliert. Nachdem die Roten Khmer ihre Ausbildung und Ausrüstung durch den Vietcong und Nordvietnam 1973 abgeschlossen und ihre Unterstützung durch die Landbevölkerung gesichert hatten, kam es zu Differenzen zwischen den Roten Khmer und dem Vietcong und zur Trennung. Etwa 300000 vietnamesische Einwanderer wurden aus Kambodscha vertrieben, wobei auch zahlreiche Vietnamesen ermordet wurden.

Kurz nach der Machtübernahme marschierten etwa 20000 amerikanische Soldaten auf der Suche nach Stützpunkten der Nationalen Front für die Befreiung Südvietnams (FNL) in Kambodscha ein. Dies zog erheblichen politischen Widerstand gegen eine Ausweitung des Krieges in den USA nach sich und führte zu einem Abzug der Soldaten. Daraufhin verstärken die USA ihre zunächst geheimen Flächenbombardements in Kambodscha. Die Schätzungen der Opfer unter der kambodschanischen Zivilbevölkerung reichen dabei von 200000 bis zu 1,1 Millionen. Der Grossteil des kambodschanischen Farmlandes wurde zerstört.

Bereits 1973 schätzte der US-Senat die Anzahl der Kriegsflüchtlinge in Kambodscha auf zwei Millionen Menschen. Trotzdem wurden weiterhin jeden Tag für eine Million Dollar Waffen, Munition und Sold nach Phnom Penh geliefert, während die humanitären Lieferungen für die Flüchtlinge gerade einmal drei Millionen Dollar pro Jahr betrugen. Korruption war ein grassierendes Problem. Ein Grossteil der Waffenlieferungen wurde von Generälen der Regierungsarmee direkt an den Vietcong verkauft. Die Ausrüstungen landeten auf dem Markt in Phnom Penh und ganze Divisionen existierten nur auf dem Papier. Der Sold verschwand direkt in die Taschen der Kommandeure. Die einfachen Regierungssoldaten kämpften barfuss, sofern sie kein Geld hatten, um sich auf dem Markt die für sie bestimmte Ausrüstung zu kaufen. Sie nahmen ihre Familien in die Kampfgebiete mit, da sie nur mit Reis bezahlt wurden und ihre Familien sonst nicht ernähren konnten.

Rote Khmer, 1975-79: Nach der Beendigung der amerikanischen Flächenbombardements 1973 und dem Abzug der FNL und der nordvietnamesischen Armee aus Kambodscha nationalisierte sich der Krieg zu einem innerkambodschanischen Konflikt, der allerdings nur durch die Waffenlieferungen der Volksrepublik China an die Roten Khmer und die Militärhilfe der USA an die Regierungsarmee weitergeführt werden konnte. Bei der Bevölkerung Phnom Penhs entstand zunehmend der Eindruck, dass der Krieg nur noch zur Bereicherung der Generäle betrieben würde. Lebensmittelknappheit und Inflation führten zu nachlassender Unterstützung durch die Stadtbevölkerung.

Während das Land in Chaos versank, konnten die Roten Khmer die Führung übernehmen. 1975 marschierten sie in Phnom Penh ein (unter Jubel der Bevölkerung in der Hoffnung auf Frieden, da die Stadtbevölkerung glaubte, dass Sihanouk als offizieller Repräsentant der Roten Khmer für eine Versöhnung der Stadt- und Landbevölkerung Kambodschas sorgen würde). Aber die Hoffnung löste sich sofort auf. Innert Stunden wurde die Bevölkerung aus der Stadt vertrieben, um auf dem Land als Kleinbauern zu arbeiten. Das Durchschnittsalter der Soldaten betrug 13 Jahre. Die Flächenbombardements der USA hinterliessen auch zahlreiche Kriegswaisen, die von den Roten Khmer aufgenommen und zu Kindersoldaten ausgebildet wurden. Umgekehrt wurden zahlreiche Flüchtlingskinder in Phnom Penh durch die Regierungsarmee aufgegriffen und in die Uniform gezwungen. Die Kämpfe zwischen Regierungssoldaten und Roten Khmer wurden mit zunehmender Grausamkeit geführt. Die gegenseitige Tötung verwundeter Gegner nährten, neben den Flächenbombardements, den Hass der Landbevölkerung gegen die Stadtbevölkerung, entlud sich in der Diktatur der Roten Khmer und führte zur fast vollständigen Ausrottung der ehemaligen Stadtbevölkerung. Wer verdächtigt wurde, eine Ausbildung gemacht zu haben, oder den letzten Regierungen gedient zu haben, wurde verfolgt und umgebracht. Schon das Tragen einer Brille galt als Zeichen von Bildung, wurde als Verbrechen eingestuft und mit dem Tod bestraft.1975-79 töteten die Roten Khmer unter Pol Pot zwei Millionen Menschen, fast ein Drittel der Bevölkerung. Die westliche Welt reagierte empört, schritt aber nicht ein.

Die Vision der Roten Khmer sah die Wiederauferstehung des Reiches von Angkor vor, das sie Demokratisches Kambodscha nannten. Dies bedeutete aussenpolitisch die Rückgewinnung von Landgebieten, die im Laufe der Jahrhunderte an Thailand und Vietnam gefallen waren und innenpolitisch die Etablierung eines kommunistisch-maoistischen Bauernstaates (Steinzeitkommunismus), der weitestgehend unabhängig vom Ausland wäre.

 Dazu führten die Roten Khmer eine Reihe von Massnahmen ein:

  • ·         Abbruch aller Nachrichtenverbindungen aus Kambodscha in das Ausland und Schliessung der Grenzen
  • ·         Isolierung der wenigen noch verbliebenen ausländischen Botschaften in Phnom Penh
  • ·         Zerstörung bzw. Konfiszierung aller Kommunikationsmittel (Radio, Telefon, Funk) im Land
  • ·         Vertreibung der Stadtbewohner auf ländliche Gebiete
  • ·         Isolierung der Dörfer untereinander – Besuche zwischen Dörfern bedurften der Genehmigung durch die lokalen Roten Khmer.
  • ·         Trennung von Familien – Männer, Frauen und Kinder wurden in verschiedene Arbeitsbrigaden aufgeteilt und teilweise in verschiedene Teile des Landes deportiert.
  • ·         Einführung von Zwangsehen, wobei die Roten Khmer die aus ihrer Sicht passenden Ehepartner aussuchten.
  • ·         Politische Schulung und Nutzung der Kinder zur Überwachung der Erwachsenen (inklusive der Überwachung der eigenen Eltern)
  • ·         Versammlungsverbot mit Ausnahme der eigenen politischen Versammlung
  • ·         Alle Kambodschaner mussten den gleichen Haarschnitt und die gleiche Kleidung tragen
  • ·         Verbot von religiöser Betätigung
  • ·         Erziehung der Kinder in politischen Schulen
  • ·         Allabendliche politische Schulungen und Versammlungen der Erwachsenen
  • ·         Gezielte Ermordung zunächst aller Intellektuellen und später aller Kambodschaner chinesischer oder vietnamesischer Abstammung
  • ·         Einführung von Gemeinschaftsküchen und Verbot der Nahrungsmittelaufnahme ausserhalb einer Gemeinschaftsküche
  • ·         Einführung von Gemeinschaftskindergärten
  • ·         Verbot von Gefühlsäusserungen (Weinen, Lachen, Trauern), sofern sie nicht der Bejubelung von Parteimassnahmen galten
  • ·         Verbot allen persönlichen Eigentums
  • ·         Etablierung von Dreierteams als kleinste Arbeitseinheit mit Auflage der gegenseitigen Überwachung – bei Flucht eines Teammitgliedes wurden die verbleibenden beiden Teammitglieder getötet
  • ·         Vereinheitlichung der persönlichen Ansprache und Begrüssung. Persönliche Anreden wie „Mama“, „Papa“, „Tante“ usw. wurde durch das Wort „Kamerad“ ersetzt.
  • ·         Abschaffung des Geldes, der Märkte und des Tauschhandels
  • ·         Zerstörung aller technischen Geräte mit Ausnahme von militärisch nutzbaren Geräten
  • ·         Zerstörung der Krankenhäuser und der medizinischen Geräte
  • ·         Bau neuer Bewässerungssysteme und Rodung des Dschungels ohne technische Geräte und Planung
  • ·         Einteilung der Reisfelder in einheitliche Parzellen der gleichen Grösse und der gleichen Reisart unabhängig davon, ob dies technologisch sinnvoll war
  • ·         Bis auf die Todesstrafe wurden alle anderen Strafen abgeschafft. Die Todesstrafe erfolgte zunächst durch Erschiessen, später zur Einsparung von Munition durch Überstülpen und Verschliessen einer Plastiktüte über den Kopf oder durch Erschlagen mit einer Feldhacke. Die Leichen wurden als Dünger auf die Felder gelegt.
  • ·         Zunächst wurden diese Strafen innerhalb von Versammlungen ausgesprochen, in denen es zum Teil zunächst nur zu Verwarnungen kam, jedoch nach der ersten Verwarnung direkt die Todesstrafe folgte. Später wurden die Tötungen ohne Verwarnung und Versammlung vorgenommen.
  • ·         Darüber hinaus wurden Gefängnisse wie beispielsweise Tuol Sleng eingerichtet, in denen Gefangene, von denen man Informationen erhoffte, systematisch zu Tode gefoltert wurden.
  • ·         Am Anfang blieb die Landbevölkerung von diesen Massnahmen verschont, während die ehemalige Stadtbevölkerung grossteils direkt betroffen war. Die Tötung von Menschen durch die Roten Khmer wurde zunächst heimlich durchgeführt. Mit zunehmender Kontrolle der Roten Khmer, insbesondere durch die politische Schulung von Kindern und Nutzung dieser Kinder als bewaffnete Bewacher, wurde jedoch auch die Landbevölkerung mehr und mehr von diesen Massnahmen in vollem Umfang getroffen, und die Ermordung von Menschen fand später uneingeschränkt öffentlich statt.

Die Schreckensherrschaft dauerte drei Jahre und 8 Monate und 20 Tage.

Die kambodschanische Schriftstellerin Loung Ung, die heute in den USA lebt, beschreibt in ihrem Buch Der weite Weg der Hoffnung, die Vertreibung ihrer Familie aus Phnom Penh und ihren Überlebenskampf.

Vann Nath, einer der Überlebenden des Tuol Sleng Gefängnisses in Phnom Penh beschreibt seine Erlebnisse in: A Cambodian Prison Portrait, White Lotus Verlag.

Wahrscheinlich haben alle Kambodschaner, die älter als vierzig Jahre sind, ihre Schreckensgeschichten zu den Roten Khmers. Ein Taxichauffeur erzählte uns, dass er als Kind sieben Jahre lang getrennt von seinen Eltern war. Dass er nicht in die Schule gehen konnte, sondern auf den Reisfeldern arbeiten musste. Es sei vorgekommen, dass die Aufseher der Roten Khmer sich einen Fisch oder Frosch brieten, und wer von den Landarbeitern zu ihnen hinsah, getötet wurde.

Befreiung von den Roten Khmer durch Vietnam: 1979 marschieren vietnamesische Streitkräfte in Phnom Penh ein. Im grössten Gefängnis, das die Roten Khmer in einer ehemaligen Schule errichtet hatten, fanden sie nur sieben Überlebende (dort ist jetzt das Völkermordmuseum untergebracht).

Eine von Vietnam unterstützte Regierung wurde eingesetzt. Die Roten Khmer zogen sich in den Norden zurück und bekämpften die neue Regierung in einem Guerillakrieg. Langsam bevölkerte sich die Stadt wieder, nachdem sie vier Jahre lang eine Geisterstadt war.

Vietnam setzte nach seinem Einmarsch in Kambodscha und der Vertreibung des Regimes der Roten Khmer eine provisorische Übergangsregierung aus Exilkambodschanern und eigenen Leuten ein. Parallel dazu stationierte Vietnam rund 225000 Soldaten in Kambodscha und besetzte alle wichtigen Positionen durch Vietnamesen.

 Es formierte sich eine von China unterstützte Opposition von Roten Khmer und König Sihanouk gegen die Herrschaft der Vietnamesen. Die von Vietnam unterstützte Regierung war zwar keine Ideallösung für das Land, aber nach den Schrecken der Pol Pot Regierung doch eine Erlösung. Aber die westliche Staatengemeinschaft verweigerte der Regierung die Anerkennung und schlug sich auf die Seite der Opposition. Man befürchtete, dass die vietnamesische Okkupation die Ausweitung des Kommunismus bedeuten könnte, während die Roten Khmer keine Bedrohung für den Kapitalismus darstellten (sie töteten ja nur ihre eigenen Leute).

Zweiter Bürgerkrieg 1979 – 1989: Bedingt durch die absolute Kontrolle aller Nachrichtenverbindungen durch die Roten Khmer, wussten die meisten Kambodschaner weder etwas über den Krieg mit Vietnam, noch über die Invasion der vietnamesischen Armee in Kambodscha. In manchen Dörfern verschwanden die Roten Khmer einfach über Nacht und liessen die Dorfbewohner unwissend zurück, andere Dörfer verwandelten sich ohne Vorwarnung in Schlachtfelder zwischen der vietnamesischen Armee und flüchtenden Roten Khmer, wobei die Roten Khmer zahlreiche Kambodschaner als „lebende Schutzschilde“ und „Arbeitssklaven“ in die schwer zugänglichen Bergregionen an der Grenze zu Thailand verschleppten.

Fatale Haltung der UNO: Die Besetzung Kambodschas durch Vietnam wurde seitens der USA, der Volksrepublik China und der pro-westlichen ASEAN-Staaten als Versuch einer vietnamesischen Expansion mit sowjetischer Unterstützung in Asien betrachtet. Auf Druck dieser Staaten erkannte die UNO die neue kambodschanische Regierung nicht an, vergab den kambodschanischen Sitz in der UNO an die Roten Khmer und forderte den sofortigen Abzug aller vietnamesischen Truppen aus Kambodscha. Die Besetzung Kambodschas durch Vietnam wurde seitens der UNO bis 1988 offiziell als einziges Problem Kambodschas betrachtet, während die Bedrohung des kambodschanischen Volkes durch die Roten Khmer nicht in den Konflikt des kalten Krieges passte und daher aus politischen Gründen ignoriert wurde.

Ein weiterer, absurder Stellvertreterkrieg begann. Die Sowjetunion hatte im November 1978 einen Freundschafts- und Beistandspakt mit Vietnam geschlossen und war Hauptwaffenlieferant Vietnams. China leitete nach der vietnamesischen Invasion eine Strafaktion ein, bei der chinesische Truppen die vietnamesische Grenze überschritten. Die USA waren lachende Dritte und begannen schliesslich sogar, Pol Pot mit Waffenlieferungen in seinem Kampf gegen die kambodschanische Regierung zu unterstützen. Menschenrechtsüberlegungen gegen den Terror von Pol Pot spielten auf allen Seiten keine Rolle. Das Wirtschaftsembargo der westlichen Welt gegenüber Vietnam wurde daher auf Druck der USA auch auf Kambodscha übertragen und die geflüchteten Roten Khmer als nicht-kommunistische Widerstandsgruppe und legitime Regierung Kambodschas deklariert. Die Haltung der USA und der UNO und die völlige Ignoranz gegenüber den Verbrechen der Roten Khmer in und ausserhalb Kambodschas verbitterten die Vietnamesen und die neue kambodschanische Regierung. Dies führte wiederum zu einem tiefen Misstrauen gegenüber allen westlichen Organisation und einer Blockade gegenüber allen Hilfslieferungen durch den Westen in das Landesinnere. So wurde die westliche Hilfe weitgehend an die durch die Roten Khmer kontrollierten Flüchtlingslager an der thailändischen Grenze oder in den Stützpunkten der Roten Khmer in der grenznahen Bergregion Kambodschas verteilt. Wie schon in der Zeit zwischen 1970 und 1975 standen viele Kambodschaner vor der Wahl, zu verhungern oder sich als Arbeitssklaven in die von den Roten Khmer kontrollierten Gebiete zu begeben.

 Die Misswirtschaft der Roten Khmer im Reisanbau, gezielte Zerstörung der verbleibenden Reisvorräte durch die Roten Khmer, Reis-Beschlagnahmen durch die vietnamesische Armee, aber auch die Flucht der Feldarbeiter aus den ehemaligen Kollektiven zu ihren Heimatdörfern, führte zu einer landesweiten Hungersnot, die im Oktober und November 1979 zum Tode von ca. 200000 Kambodschanern führte.

Die Bilder der über die Grenze nach Thailand flüchtenden Kambodschaner, die kaum mehr als lebende Skelette waren, lösten eine weltweite Welle der Hilfsbereitschaft aus. Auf massiven Druck der USA öffnete Thailand schliesslich seine Grenzen für die Flüchtlinge und gestattete den Aufbau von Flüchtlingslagern, die von der UNO, dem Roten Kreuz und anderen Hilfsorganisationen versorgt wurden. Zwischen 1979 und 1992 flüchten etwa

300000 kambodschanische Flüchtlinge in Camps an der thailändischen Grenze. Weitere 350000 lebten ausserhalb von Flüchtlingscamps in Thailand und etwa 100000 flüchten nach Vietnam. Etwa 250000 Kambodschaner aus diesen Camps fanden im Laufe der Jahre Aufnahme in Europa und den USA, einige wurden 1992 nach der Besetzung Kambodschas durch die UNO wieder zurückgesiedelt.

Aber nicht nur die Knappheit an Lebensmitteln traf Kambodscha. Nachdem die befreiten, überlebenden Kambodschaner auf der Suche nach ihren Familien wieder zurück in ihre Heimatorte zogen, zeigten sich die Auswirkungen des Terrorregimes. Die meisten erwachsenen Männer waren tot. Im Durchschnitt überlebte pro drei Frauen nur ein Mann und schon bald entwickelte sich in Phnom Penh ein „Männermarkt“, auf dem Männer durch ihre Familien zeitweise vermietet oder zum Überleben gänzlich verkauft werden mussten. Im Laufe der folgenden Jahre entwickelte es sich temporär zur Normalität, dass mehrere Frauen sich einen Mann als Ehemann teilten, ohne dabei innerhalb der beiden Familien zusammenzuleben.

Trotz der Haltung der UNO kamen mehr und mehr Berichte über den Völkermord der Roten Khmer an die Weltöffentlichkeit und machten eine weitere Unterstützung der Roten Khmer durch die USA unmöglich. Als politische Lösung gründete Sihanouk auf Druck der USA, der Volksrepublik China und der ASEAN-Staaten 1982 gemeinsam mit den Roten Khmer und einer weiteren kambodschanischen Exilgruppe eine gemeinsame Befreiungsfront. Sihanouk ersetzte dabei den Führer der Roten Khmer, Pol Pot, als Exil-Präsident Kambodschas. Damit traten die Roten Khmer in den Hintergrund und die Weltöffentlichkeit konnte sich weiterhin auf die Besetzung Kambodschas durch Vietnam konzentrieren.

In den folgenden zehn Jahren kommt es jedes Jahr während der Regenzeit zu Angriffen der Roten Khmer auf die vietnamesische Armee, während die vietnamesische Armee in der Trockenzeit ihre jährliche Offensive startet. Da die Roten Khmer ihre Stützpunkte in den Flüchtlingslagern ansiedeln, werden diese Lager dabei immer wieder angegriffen bzw. durch Kämpfe zerstört. Jeder dieser Kämpfe treibt weitere kambodschanische Flüchtlinge in die Flüchtlingslager nach Thailand.

1984 rückt Kambodscha mit dem Film „The Killing Fields“, benannt nach den Killing Fields, auf denen die Massenmorde stattfanden, erneut in das Licht der Weltöffentlichkeit. Der Film zeigt am Beispiel des kambodschanischen Journalisten Dith Pran das Terrorregime der Roten Khmer und wird international ein Kassenschlager. Die Hauptrolle wird vom Kambodschaner Haing S, Ngor gespielt, der selber als einziger seiner Familie das Terrorregime der Roten Khmer, trotz Folter im Gefängnis, überlebte und für seine Rolle mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Die Roten Khmer wurden daraufhin in der Weltöffentlichkeit mit den Nazis gleichgesetzt und der Begriff Killing Fields Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs. Trotzdem ändert sich nichts am Verhalten der UNO und des Westens in Bezug auf die weitere Unterstützung und Anerkennung der Roten Khmer als Teil der Exilregierung und UNO-Vertreter Kambodschas, und der Fokus der Politik bleibt auf der Besetzung durch Vietnam behaftet. Vorschläge Australiens zur Errichtung eines internationalen Gerichtshofes zur Untersuchung der Verbrechen der Roten Khmer wurden auf Druck der USA blockiert, da dies die kambodschanische Exilregierung und deren Unterstützung durch die USA und die Volksrepublik China angreifbar gemacht hätte. Seitens der USA spielte hier neben dem generellen Konflikt mit der UdSSR vor allen Dingen auch die Frage des ungeklärten Schicksals amerikanischer Soldaten in Vietnam eine Rolle und verhinderte eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Vietnam, in deren Verlauf auch eine pragmatischere Haltung zur Kambodscha-Problematik möglich gewesen wäre.

Perestroika: 1985 kam es zu einem Wandel in der kommunistischen Welt, als Michail Gorbatschow an die Macht kam und die Finanzhilfe an Vietnam einstellte. Vietnam konnte das Engagement in Kambodscha nicht mehr aufrechterhalten und man schloss einen Friedensvertrag, der eine UNO-Überwachung einschloss. Dies sollte freie und faire Wahlen garantieren. Doch eine Entwaffnung der ehemaligen Bürgerkriegsparteien fand nicht statt. Es kam zu einer Koalitionsregierung. Nach einer Amnestie für die Roten Khmer liefen viele ihrer Soldaten zu den königlichen Truppen über, was für diese eine Spaltung bedeutete.

Bei einem Vorstoss gegen die Roten Khmer im April 1998 starb Pol Pot, angeblich an einem Herzinfarkt, es kann aber auch sein, dass er von seinen eigenen Kadern umgebracht wurde, oder sich selbst das Leben nahm.

Der erste Durchbruch zur Lösung des Kambodscha-Problems erfolgte auf Initiative der UdSSR. Michael Gorbatschows Ziel, die Beziehungen mit der Volksrepublik China und den USA zu normalisieren, führten zu Gesprächen zwischen der UdSSR, Vietnam und der Volksrepublik China. 1990 sagte Vietnam zu, alle Truppen aus Kambodscha abzuziehen.

Durch das persönliche Engagement und die intensive Zusammenarbeit des russischen Diplomaten Igor Rogachew und des französischen Diplomaten Claude Martin, die beide Teile ihres Lebens im Vorkriegs-Kambodscha verbracht hatten, wurden im Dezember 1987 erstmals direkte Gespräche zwischen Sihanouk als Präsidenten der kambodschanischen Exilregierung und Hun Sen als kambodschanischem Premierminister initiiert. Weitere Gespräche zwischen den beiden Politikern folgten unter Vermittlung der beiden Diplomaten.

Änderung der Haltung der UNO: Im Juni 1988 trat Sihanouk vom Amt des Präsidenten der Exilregierung zurück und beendete damit die Koalition mit den Roten Khmer. Vietnam zog parallel dazu die Hälfte seiner Truppen aus Kambodscha ab. Mit der zunehmenden Lösung der vietnamesischen Besatzung erhielt die Bedrohung durch eine mögliche weitere Machtübernahme der Roten Khmer einen neuen Stellenwert. Erstmals änderte die UNO ihre Haltung und verlangte neben dem Abzug der vietnamesischen Truppen auch einen Plan zur Verhinderung einer neuen Machtübernahme durch die Roten Khmer. Der kambodschanische Sitz in der UNO wurde Sihanouk zugesprochen, und auch die Volksrepublik China verkündete nach Gesprächen mit dem sowjetischen Aussenminister Eduard Schewardnadse, dass sie jegliche Hilfe für die Roten Khmer nach Abzug der vietnamesischen Truppen einstellen werde.

Angezogen durch die wirtschaftlichen Potentiale änderte auch Thailand seine Haltung unter einem neuen Premierminister und baute einerseits intensive diplomatische Verbindungen mit der kambodschanischen Regierung auf und begann andererseits, auf die USA hinsichtlich einer politischen Lösung des Kambodscha-Problems einzuwirken.

Die Bemühungen Frankreichs und der UdSSR trugen Früchte, und im Juli 1989 einigten sich die Aussenminister der USA, der UdSSR und der Volksrepublik China darauf, dass die Roten Khmer keine Machtposition in einer neuen kambodschanischen Regierung erhalten sollen. Der Abzug der vietnamesischen Truppen 1979, der zunehmende Druck durch die thailändische Armee und die Aussicht auf eine schlecht ausgerüstete kambodschanische Armee führte zu einem Rückzug der Roten Khmer auf kambodschanisches Gebiet. Innerhalb kurzer Zeit nahmen die Roten Khmer die Provinzhauptstädte Pailin und Battambang ein. Während Pailin eines der bedeutendsten Edelsteinabbaugebiete Asiens darstellt, ist Battambang die Reiskammer Kambodschas. Immer wieder griffen die Roten Khmer andere Landesteile Kambodschas an und verschleppten Kambodschaner als Arbeitssklaven in die von ihnen kontrollierten Gebiete. Mit Hilfe korrupter thailändischer Militärs entwickelte sich rasch ein lukrativer Handel mit Reis und Edelsteinen aus den von den Roten Khmer besetzten Gebieten gegen Waffen aus Thailand.

Ende 1989 legte Australien einen Plan zu einer Besetzung Kambodschas durch die UNO und einer Entwaffnung aller politischen Parteien mit anschliessenden Wahlen vor. Dieser Plan wurde von dem russischen Diplomaten Igor Rogachew und dem französischen Diplomaten Claude Martin wiederum in intensiver gemeinsamer Arbeit als Grundstein für die spätere UNTAC-Mission gelegt.

UN-Verwaltung und dritter Bürgerkrieg, 1990 – 1998

·         1991: Wiederaufflammen der Kämpfe zwischen Regierung und Roten Khmer.

·         1992–1993: Kambodscha wird vorübergehend der Aufsicht der UNO unterstellt (siehe auch UNTAC).

·         1993: In Kambodscha finden unter UN-Aufsicht erste freie Wahlen seit mehr als 20 Jahren statt (Wahlbeteiligung: 90 Prozent), die von den Roten Khmer boykottiert werden.

·         24. September 1993: Das Land erhält eine neue Verfassung als konstitutionelle Monarchie. Norodom Sihanouk wird erneut König.

·         1994–1996: Erneute Auseinandersetzungen mit den Roten Khmer.

·         1997: Pol Pot wird in einem öffentlichen Prozess verurteilt und stirbt kurz darauf.

Seit 1998 Unabhängigkeit und Restauration der Monarchie

Am 26. Juli 1998: Im Lande werden freie Wahlen abgehalten, welche die Europäische Union mit einem Aufwand von 11 Millionen US-Dollar unterstützt.

Seither wurden einige Wahlen durchgeführt, bei denen die Kambodschanische Volkspartei unter Hun Sen ihre Macht, durch Einschüchterung und mit Gewaltakten, stetig stärken konnte. Der Monarch Sihanouk verlor seinen Einfluss auf Regierungsgeschäfte total.

2003: Im Februar 2003 kommt es zu massiven Verstimmungen mit Thailand, als wütende Kambodschaner die thailändische Botschaft und mehrere thailändische Hotels in Phnom Penh anzünden. Auslöser war die Äusserung der thailändischen Schauspielerin Suwanan Kongying Angkor Wat gehöre eigentlich zu Thailand. Dabei entkommt der bekannte deutsche Journalist Ralph Wagner nur knapp einem Anschlag. Thailand errichtet eine Luftbrücke mit Militärmaschinen und fliegt seine Bürger aus, bevor nach zwei Tagen die Unruhen zu Ende sind. Später stellt sich heraus, dass es sich bei dem angeblichen Radiointerview um einen Fernsehausschnitt handelte, der einer Soap-Episode entnommen war. Es werden Vermutungen laut, dass die kambodschanische Regierung diesen Streit lanciert habe, um bei den bevorstehenden Wahlen besser abzuschneiden.

7. Oktober 2004: In einem Brief aus Peking bittet König Sihanouk seinen Rücktritt als Staatsoberhaupt zu akzeptieren und fordert die Regierung auf, den in der Verfassung vorgesehenen 9-köpfigen Thronrat einzuberufen, der einen Nachfolger bestimmen muss. Der König ist seit Jahren schwerkrank, jedoch wird vermutet, dass der Grund für seinen Rücktritt die Unzufriedenheit mit den Streitigkeiten zwischen den führenden Parteien des Landes ist.

13. Oktober 2004: Kambodscha wird Mitglied der WTO.

14. Oktober 2004: König Norodom Sihanouk dankt ab. Neuer König wird sein Sohn Norodom Sihamoni.

2005 soll ein Internationales Rote-Khmer-Tribunal in Phnom Penh seine Arbeit aufnehmen. Ziel des Tribunals ist die Verurteilung führender Köpfe der Roten Khmer, die für die Massenmorde während des Pol-Pot-Regimes von 1975 bis 1979 verantwortlich waren.

Im Juli / August 2007 kam es zu ersten Anklagen durch das UN-Tribunal wegen Menschenrechtsverletzungen nach Inhaftierung von Duch (Kang Kek Leu), der Leiter des berüchtigten Gefängnisses Tuol Sleng war, in dem 16000 Menschen gefoltert und dann auf die Killing Fields umgebracht wurden.

Im April 2009, drei Jahrzehnte nach dem Sturz der Roten Khmer, hat ein Mitglied der Führungsriege die Verantwortung für die mörderischen Verbrechen im berüchtigten Foltergefängnis S-21 übernommen. Er wolle sein Bedauern und seine aufrichtige Reue zum Ausdruck bringen, sagte der frühere Leiter von S-21, genannt Duch, der heute 70 Jahre alt ist. Die Anklage erklärte, sie wolle 1,7 Millionen Opfern des damaligen Regimes in Kambodscha zu später Gerechtigkeit verhelfen. „Das verlangt die Geschichte“, sagte Staatsanwältin Chea Leang. „Duch“ muss sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter und Mord vor dem von der UNO unterstützten Tribunal verantworten. Die grosse Mehrheit der ehemaligen ca. 2000 Kader der Roten Khmer wurden entweder nie verurteilt, oder von Hun Sen begnadigt. Heute sind viele alt, gebrechlich und zum Teil dement. Die Chance, dass es zu einem Völkermordtribunal kommen wird, ist gering.

Aktuell

Da die Royalisten gespalten sind, kann die Volkspartei unter Hun Sen praktisch allein regieren. (ihre Plakate sind allgegenwärtig). Die offiziellen Gebäude werden prunkvoll und monumental gebaut und stehen in krassem Gegensatz zu den jeweils umliegenden Gebäuden und Hütten.

Am 26.2.2013 steht in der Zeitung, dass die Regierung einen Airbus für über 90 Millionen $ anschaffen wolle, den nur die fünf höchsten Regierungsmitglieder benützen dürfen.

Der aktuelle König versprach bei seiner Krönung alles in seiner Macht stehende für das Land zu tun und es scheint, als scheue er sich nicht, offene Worte auszusprechen.

 Der Mangel an Rechtsgrundlagen, ungeklärte Bodenverhältnisse und das weitgehende Fehlen von Fachkräften auf allen Gebieten und Ebenen, erschwert die Entwicklung des Landes, was sich Politiker und Einflussreiche zunutze machen und sich bereichern..

Laut Transparency International ist das Land bezüglich Korruption auf Rang 158, von 180. 

Die Rechtsungleichheit macht sich u.a. auch durch vorgerichtliche Haftstrafen bemerkbar. Verdächtige werden für Tage oder Monate in Haft genommen, die ärmere Leute erdulden müssen, während sich Reiche durch Kautionen freikaufen können.

Über das Rechtswesen von Kambodscha wird u.a. an der Management-Universität in Singapur, Abt. School of Law geforscht, auch in Zusammenarbeit mit der Organisation Access to Justice Asia.

Der Völkermord durch die Rothen Khmer ist nicht aufgearbeitet und immer noch ein ständiges Thema in der Bevölkerung.

Die durch internationale Interessen verschärften Bürgerkriege haben ein zutiefst traumatisiertes und verstörtes Land hinterlassen.

Es scheint noch ein langer Weg zu mehr Wohlstand und Gerechtigkeit. Viele Kambodschaner hoffen auf die nächsten Wahlen im Juli 2013, haben aber gleichzeitig wenig Hoffnung auf eine Veränderung.

Zwei der Söhne von Premierminister Hun Sen kandidieren als Lawmaker im permanenten Komitee der CPP. Beide haben schon Posten in der Regierung inne. Kritische Kommentare in Medien sind nicht gestattet (ausser in englischsprachigen Zeitungen). Seit Hun Sen an der Macht ist, hat er diese immer mehr ausgeweitet und aus Kambodscha eine Diktatur gemacht, die das Volk ausbeutet.

In der Verfassung von 1993 ist die Gleichberechtigung der Geschlechter festgehalten. Trotzdem sind Frauen benachteiligt. Viele von ihnen brechen die Schule vorzeitig ab, um ihre Familien zu unterstützen. Der jahrzehntelange Bürgerkrieg hat zu einem Frauenüberschuss geführt, so dass viele Frauen unverheiratet bleiben, oder sich aus ökonomischen Gründen mit der Rolle von Nebenfrauen begnügen müssen. Als billige Arbeitskräfte arbeiten sie in der Textilindustrie, auf Baustellen, oder im Dienstleistungsbereich. Nicht wenige Frauen werden durch die Armut ins Sexgewerbe getrieben.

Immerhin sind ca. 10% der Parlamentarier weiblich.

In Kambodscha gibt es über 400 Kleider- und Schuhfabriken. Der Minmallohn für die angestellten Frauen beträgt 61$ pro Woche. Gewerksachaften fordern 120$. Doch die Garmet Manufacturers Association in Cambodia GNAC leht ab, ohne erklären zu können warum das, bei ihren hohen Gewinnen, nicht möglich sei. Der Staat mischt sich nicht ein. (Unser Fahrer bekommt für einen Tag Arbeit 3$ (plus Trinkgelder), auch nicht viel aber immerhin).

Kremation von Ex-König Norodom Sihanouk

Zeitungen berichten am 6.2.2013 von der buddhistischen Zeremonie, an der die Premierminister umliegender Länder teilnehmen, sowie der von Frankreich (Jean-Marc Ayrault).

Sihanouk regierte das Land von 1941 bis 1955 und von 1993 bis 2004, bis er zugunsten seines Sohnes, dem gegenwärtigen König Norodom Sihamoni zurücktrat. Er starb mit 90 Jahren an Krebs.

Wirtschaft

Dank der politisch relativ ruhigen Lage wuchs die Wirtschaft zwischen 1998 und 2008 um jährlich 9%. Dann erlitt das Land Rückschläge durch die globale Finanzkrise. Jetzt ist wieder ein Wachstum im Gange. Es basiert auf dem Bau- und Textilsektor, auf dem Holzexport und dem Tourismus. Ausländische Investoren, vorwiegend aus China und Vietnam dominieren das Geschäftsleben. Um Phnom Penh herum sind zahlreiche Textilfabriken entstanden, in denen Frauen zu miserablen Löhnen arbeiten. Puma und Addidas lassen auch Schuhe in Kambodscha produzieren. Hauptabnehmer der Produkte sind die USA und die EU. Der Tourismus konzentriert sich wegen Angkor Wat auf Siem Reap.

Etwa ein Drittel der Bevölkerung (vor allem die auf dem Land) lebt unter der Armutsgrenze.

Der derzeit wichtigste Wachstumssektor ist die Kautschukproduktion. In den kommenden Jahren soll im Golf von Thailand Öl und Gas gefördert werden.

Es mangelt an qualifizierten Arbeitskräften und Infrastruktur.

Nach GLOBE, Views on Regional Affairs, Business and Culture (www.sea-globe.com), einer Zeitschrift, die auch in Englischer Sprache erscheint, ist Kambodscha nur zu 34% elektrifiziert und damit in der ASEAN an zweitletzter Stelle.

Schon länger in Diskussion und jetzt im Bau ist das Lower Sesan 2 Hydropower Projekt in der Stung Treng Provinz. Die Regierung gibt keine Richtlinien für die Entschädigung der Leute, die umgesiedelt werden, das sollen die Firmen mit den Betroffenen ausmachen. Dabei haben viele Landbewohner weder das Geld um ihr Grundstück eintragen zu lassen, geschweige denn vor Gericht zu gehen.

Vietnamesen in Kambodscha: Es leben ca. 3 Millionen Vietnamesen in Kambodscha. Sie sind aus verschiedenen Gründen unbeliebt. Nachdem sie das Land von den Roten Khmer befreit hatten und besetzt hielten, töten sie viele Kambodschaner.

Viele Vietnamesen leben um den Tonle Sap See, fischen mit Dynamit und verschmutzen den See mit Plastikabfällen. Und sie dürfen wählen, obwohl die keine Bürger des Landes sind, aber sie unterstützen Hun Sen.

 Tempel

Alle 400 Tempel um Siem Reap sind UNESCO Weltkulturerbe. Viele Statuen wurden gestohlen, einige stehen in Museen in und ausserhalb Kambodschas.

Angkor Wat ist der grösste Tempel und weltbekannt.

Die Tempel wurden jeweils im Auftrag eines Königs als hinduistische Tempel gebaut und später zu buddhistischen umfunktioniert. Die hinduistischen Statuen und Reliefs wurden nicht zerstört, sondern die ganzen Tempel blieben erhalten.

In Reliefen ist Vishnu zu sehen (Angkor Wat ist ein Vishnu-geweihter Tempel) und Figuren sind in hinduistischer Haltung abgebildet (mit Händen, die nach oben zeigen, bei Buddhisten würden sie im Schloss liegen). Auch andere hinduistische Figuren sind zu sehen, Lakshmi, die Frau von Vishnu, Shiva mit Frau Parvati, Lingam und Stier, Brahma, Ganesh mit dem Bleistift (er ist auch Gott der Weisheit).

Ein grosses Relief in Angkor Wat zeigt das Kirnen (Quirlen) des Milchozeans. Es ist eine Geschichte aus dem hinduistischen Bhagavata Purana. Die Götter und die Dämonen ziehen an einer Schlange, die sich um den Berg Mandara geschlungen hat. Sie wollen so das Elixir der Unsterblichkeit erzeugen. Vishnu  weist sie an, zusammen, statt gegeneinander zu arbeiten. Als das Elixier produziert ist, reissen es die Dämonen an sich und wieder muss Vishnu (der Gott des Erhaltens) einschreiten.

In anderen Reliefs ist das Ramayana dargestellt.

Angkor Thom ist ebenso eindrücklich, an seinen vier Eingangstürmen sind Reliefs mit dem Gesicht von Buddha, in alle vier Himmelsrichtungen zeigt je ein Gesicht. In der Mitte steht das innerste Heiligtum, der Bayon, ein Turm, der alle Religionen zusammenführen sollte.

Ta Prohm ist überwachsen von Kapok-Bäumen, die schnell wachsen, und trotz ihrem weichen Holz gigantische Steinblücke auseinanderbrechen. Dort wurde der Film Tomb Raider gedreht.

 Der Tempel Banteay Srei ist 30 km ausserhalb der Stadt. Er ist aus rosafarbenem Sandstein gebaut und weist die feinsten und schönsten Verzierungen auf. Es wird angenommen, er sei von Frauen gebaut worden und wird darum auch Ladytempel genannt.

Siam Reap war früher mal die politische Hauptstadt, heute ist es die touristische. Es hat es 172 Hotels, davon 17 Fünfsternehotels. Im Grand Hotel d’Angkor hielten die Roten Khmer damals Kühe und Schweine.

 

 Kantha Bopha

Mittlerweile gibt es sechs Kantha Bopha Spitäler ind Kambodscha. Kantha Bopha ist der Name der Tochter von König Sihanouk, die an Leukämie gestorben ist.

Die Behandlung ist für alle Kinder und gebärenden Mütter gratis. 90% der Bevölkerung in Kambodscha könnte nichts bezahlen, da sie von einem Dollar pro Tag oder weniger lebt.

65% der Kambodschaner sind von Tuberkulose betroffen. Das sind Kriegsfolgen, da die Krankheit in Gefängnissen und Arbeitslagern verbreitet wurde. Auch wenn die TB nicht akut ausbricht, schwächt sie das Imunsystem und Ansteckungen mit anderen Krankheiten wie Denguefieber oder Malaria sind wahrscheinlicher.

 Die Kantha Bopha-Spitäler unterlaufen die Korruption und machen auf diese Weise Friedenspolitik. Es wird kein Geld von PatientInnen angenommen. Jeder Angestellte bekommt ein Monatsgehalt von mindestens 250$.

Das Jahresbudget beträgt 40 Millionen Franken. 90% der Finanzierung kommt durch private Spenden zustande. Regierungen und Organisationen beteiligen sich kaum (ausser die Schweiz mit 10% und Kambodscha mit 3%).

Von einigen Organisationen und Regierungen wird den Kantha Bopha-Spitälern der Vorwurf gemacht, sie arbeiteten zu teuer. Eine Behandlung kostet durchschnittlich Fr. 260.- (der Vorwurf komme von Leuten, die nebenan im Sofitel Hotel wohnen und pro Nacht Fr. 380.- bezahlen). Das sind Absurditäten, in denen wir leben und von denen wir (Richner deutet auf sich und die anwesenden Touristen) profitieren. Mit solchen Ungerechtigkeiten könne man nur leben, wenn man vergebe. Das müssen die Kambodier tun. Aber ohne Gerechtigkeit könne es keinen Frieden geben. Kanta Bopha versuche auch etwas für die Gerecht zu tun, denn Korruption schade vor allem den Armen.

Richner sagt, er verstehe nicht, warum Regierungen nicht an die Spitäler bezahlen (vor allem die, die den Bürgerkrieg ins Land gebracht haben, z.B. durch die Nixon-Administration). Auch mit der WHO ist er nicht einverstanden, die eine dem Land angemessene Medizin verlange. Alle Menschen hätten nur ein Leben, egal wo sie zur Welt kommen. Wenn man auf die (teuren) Laboruntersuchungen verzichte, werde man kriminell, denn dann könnte es zu HIV- oder Hepatitis- Übertragungen kommen. Die Sterblichkeit wäre höher, jetzt ist sie unter einem Prozent.

Es geht offensichtlich um die Zielkonflikt zwischen Hilfe für möglichst viele (wobei die Schwächsten übergangen werden) und qualitativ guter Arbeit, die mehr Mittel verbraucht. Durch die qualitativ hochstehende Arbeit, ist das Vertrauen der Bevölkerung entsprechend hoch. Laos und Burma hoffen, dass sie auch in den Genuss von solchen Einrichtungen kommen.

 Mit Kantha Bopha hat Beat Richner das grösste Kinderspital der Welt aufgebaut und nach Auffassung von medizinischen PraktinantInnen aus der Schweiz, eines der effektivsten. „So ein Pensum bewältigt kein Spital in der Schweiz“, sagen zwei MedizinstudentInnen aus Bern.

Wichtige Unterstützung vor Ort kommt vom Schweizer Botschafter Christoph Burgener, der mit seiner Frau einen Botschaftsposten teilt (Christine Schraner Burgener ist für Thailand zuständig, er für Kambodscha, Laos und Myanmar). Burgener sagt: „Beat Richner ist der bessere Botschafter für die Schweiz.“ In der Tat macht er höchst positive Publizität für die Schweiz, indem er einem Touristenpublikum aus aller Welt, mindestens zweimal wöchentlich die Schweiz von ihrer besten Seite näher bringt. Schon dafür würde er vom Bund einen saftigen Lohn verdienen.

Speak Khmer

In Kambodscha wird Khmer gesprochen. Es ist keine tonale Sprache.

Französisch und Englisch sind verbreitet.

Folgende Wörter haben wir uns zu merken versucht:

sua-sdey                                 hallo

akun                                        danke

lia haöy                                    auf Wiedersehen

baat (m)                                  ja

djah (f)                                     ja

tee                                           nein

Khmer Food

Auch in Kambodscha wird viel Reis, Gemüse, Fisch und Poulet gegessen.

Amok ist das Nationalgericht, z.B. Fisch Amok. Es wir aus Kroeung (einer Art Curry-Paste für Khmer Gerichte) gemacht.

Weiter hat uns gefallen: Fried ginger (fein geraffeltes Gemüse, mit viel Ingwer)

Khmer Chicken and Bananablossom Salad (Bananenblüten fein geschnitten, gebratenes Poulet und fein geschnitten, Sojasprossen, grüner Salat fein geschnitten, gelbe und rote Peperonistreifen, alles kurz angedünstet, mit frischem Koriander darüber, an sweet and sour Sauce

 In Touristengebieten werden auch vegetarische und biologische Gerichte serviert, d.h. diese Themen kommen in Kambodscha vor.