Das maurische Spanien

Vorträge Volkshochschule Zürich 2009 mit geschrieben von Regula Häberli:

Al-Andalus, das maurische Spanien

Georg Bossong

 Ab dem 8. Jahrhundert war der Islam während mehr als 900 Jahren (von 711 bis 1640) auf der iberischen Halbinsel präsent. Sie erlebte eine Blüte in Kultur, Kunst und Handel und ein Nebeneinander von Islam, Judentum und Christentum.

Das heisst, es gab eine orientalische Epoche in Europa. Das hat Bedeutung für Spanien, Portugal und für das Wiederaufleben der Wissenschaften in Europa. Ihre Leistungen in Architektur, Mathematik, Medizin und Philosophie sind heute noch gültig.

Durch die Araber kam das antike griechische Wissen wieder nach Europa, es war vom Griechischen ins Arabische übersetzt worden von vom Arabischen ins Lateinische.

Das arabische Wort, sifr ist die Grundlage von Ziffer, die arabischen Zahlen und die Einführung der Ziffer, Null, die nicht Nichts ist sondern eine mathematische Grösse, erlaubten neue mathematische Operationen. Die Entwicklung des rationalen Denkens bis zur Aufklärung mit ihren Werten von Toleranz, Dialog, Gewaltfreiheit, Selber denken,  Kritik und Selbstkritik gehen auf die maurische Kultur zurück. Die europäische Aufklärung hat erst im späten 17. Jahrhundert eingesetzt und mit Immanuel Kant einen Höhepunkt gefunden.

Es war ein Nebeneinander von Sprachen und Religionen.

 Der Name, Al-Andalus war in der arabischen Welt der Begriff für die iberische Halbinsel, nicht identisch mit dem heutigen Andalusien. Geographisch umfasste es zuerst die ganze Halbinsel und ist dann immer mehr geschrumpft, bis auf Granada, das den Christen am längsten Widerstand geleistet hat.

 Maurisch kommt von Mauretanien, das verallgemeinert wurde.

632 starb Prophet Mohamed. In der Folge verbreitete sich der Islam in alle Himmelsrichtungen, Nordafrika, im Osten bis China. Die Eroberung der iberischen Halbinsel ging schnell vor sich. Das Westgotische Königreich war von Bürgerkriegen zerrissen und konnte kaum Widerstand leisten. Die Juden wurden von den Goten unterdrückt, sie kollaborierten mit den Muslimen.

Die Eroberer waren Araber, Tariq, ein Marokkaner führte an. Es gab bald viele Konvertiten wegen fiskalischen Anreizen, Hispanoromanen und Goten. Aber die Moslems waren in der Mehrzahl. Es gibt eine islamische Toleranz, nicht-Konvertierte wurden toleriert, mussten aber Nachteile hinnehmen. Für die Moslems sind die Christen Polytheisten, weil sie Gott einen Sohn zugesellen.

 Die 1. grosse Epoche des Islam in Spanien war das Kalifat von Cordoba.

Die Mosche wurde als Zeichen der Konsolidierung der Macht der Muslime gebaut. Es machte sich unabhängig von Bagdad, das lange das Zentrum der islamischen Welt war.

 Die Vorsilbe “Ab” heisst Knecht und kommt in vielen Namen vor, Knecht des…, dann kommt der Name eines Königs, oder Gottes.

 Der Norden Spaniens wurde von den christlichen Königen entvölkert, um es den südlichen Kalifats zu erschweren, nordwärts zu kommen.

Cordoba war die grösste Stadt Europas, eine der 3 grössten Städte der Welt. Ausserhalb der Stadt Cordoba gibt es einen Palast (Versailles von Cordoba).

Aber es gab ethnische Konflikte, zwischen den Arabern (Oberschicht), den Hispanoromanen, den Berbern, die als Söldner angeheuert wurden. Es gab Bürgerkriege, das Kalifat teilte sich auf in Teilkalifate. Die Taifa-Fürstenreiche entstanden und konkurrierten miteinander um die besten Künstler (wie es auch in Italien der Fall war). Das stärkte die Kultur und schwächte die militärische Schlagkraft. In der Mitte des 11. Jahrhunderts beginnt es sich zu wenden, die Eroberung von Toledo durch Christen in 1085, durch Ritter aus Frankreich, etc. Toledo war die Hauptstadt des Westgotenreiches, das war psychologisch wichtig, als Anfang der Reconquista und der Idee der Kreuzzüge zur Befreiung.

Die Almoraviden, wurden zu Hilfe gerufen, waren entsetzt über das Lotterleben der Kalifen, sie hielten die Christen in Schach, nahmen aber die Kalifate ein.

 1212 ist der Wendepunkt, das Ende der Militärmacht des Islams auf der iberischen Halbinsel. Nach der Reconquista wurden die Güter der Mauren unter Christen verteilt.

 Die Nasriden ganz im Süden hielten sich am längsten, durch Verträge mit den christlichen Königen. Ihnen verdankt man die Alhambra (heisst: die Rote).

Die Vereinigung der Königreiche mit religiöser Einheit wurde angestrebt, Ende der Religionsvielfalt. Die Heirat von Ferdinand von Aragon und Isabella von Kastilien einte Spanien.

Es gibt einen spanischen Historikerstreit. Gehören die islamischen Mauren dazu (Americo Castro), oder waren sie immer Fremdkörper (Sanches)? Gründet die spanische Identität auf dem Zusammenleben, oder gilt die katholische Variante, die unter Franco virulent wurde?

 Gründung der spanischen Inquisition.

Es gab zwei Inquisitionen:

Die römische Inquisition gegen die Albigenser in Südfrankreich und die in Spanien, die vor allem gegen die Juden, aber auch gegen die Muslime ging. Die Muslime waren leicht erkennbar, aber die Juden unterschieden sich nicht von den Christen. Deshalb die Gesinnungsschnüffelei. In dieser Zeit wurde überall gefoltert, die Gerichtsbarkeit war grässlich. Die Neuchristen waren immer unter Verdacht, es gab Spitzel, Misstrauen, das die spanische Gesellschaft stark geprägt hat.

Santiago war christliches Mekka, als Gegengewicht zu Mekka, ein starkes Symbol, auch gegen die Mauren. Es gibt in Santiago eine Skulptur von El Sid, wie er einen Mauren tötet, als Symbol für die Reconquista. El Sid wurde von beiden Seiten instrumentalisiert.

 Ende des 11. Jahrhunderts wurde es auf beiden Seiten fundamentalistischer, was die Einwanderer nicht waren. Die Radikalisierung ist schwer zu erklären. Die drei monotheistischen Religionen erheben alle Anspruch auf alleinige Wahrheit, das führt immer wieder zu Konflikten. Wenn es zu einer Rückbesinnung auf die Schriften kommt, auf die Quellen, gibt es Konflikte. Das ist bei Hinduisten und Buddhisten nicht so.

Al-Andalus, maurische Baukunst

J. Wirth Calvo, Kunsthistorikerin

 Phönizier

Im 5. Jahrhundert vor Chr. waren die Phönizier (Griechen) auf der iberischen Halbinsel, die Hauptstadt war Cadiz.

 Römer

200 vor Chr. bis 117 nach Chr. führte das römische Weltreich drei punische Kriege gegen Karthago, der zweite fand hauptsächlich in Andalusien statt, legendär: Hannibal über die Alpen. Im dritten punischen Krieg fällt Karthago und Hispania wird römisch. Ab 200 vor Chr. bauen die Römer eine Infrastruktur, wie überall sonst wo sie waren, mit Aquädukten, Bädern, Amphitheatern, Stadtmauern, Strassen. Die römischen Städte waren quadrisch, mit einer oder mehreren Hauptstrassen und Querstrassen. In Segovia gibt es heute noch den Aquädukt durch die Stadt. Toledo war die Hauptstadt, sie ist heute UNESCO-geschützt. Heute sind dort über 100 Archäologen am Graben. 476 war das Ende des weströmischen Reiches.

 Westgoten

Ab 200 vor Chr. kamen die Westgoten (Christen) auf die iberische Halbinsel und liessen sich ausserhalb der Städte nieder. Sie hatten einen eigenen Ritus. Religion und Könighaus waren eng verknüpft, sie waren stark antisemitisch. Sie waren in der Minderheit, ihre Macht nicht etabliert. In den Bädern der Stadt fand das soziale Leben statt (Geschäfte, Puff). Das gefiel den Christen (Westgoten) nicht.

 Mauren

552 wurde Toledo von den Mauren erobert. Cordoba wurde zuerst Emirat (abhängiger Staat), dann Kalifat (unabhängiger Staat).

Die Mesquita Kathedrale hat die Grundstruktur von Aquädukten, man nahm vorhandene römische Säulen, dann kam ein maurisches Kapitell darauf und eine Holzdecke mit Stuckatur. Die Kathedrale steht neben dem Palast, daneben das reiche jüdische Viertel, denn die Juden arbeiteten als Ärzte im Palast.

Jede maurische Stadt ist gleich aufgebaut (in Malaga gut zu sehen), mit einer Festung, der römischen Altstadt mit kleinen Strassen, die die Richtung wechseln und Stadttoren, mit rechtwinkligen Richtungswechseln nach Eintritt (beides sollte die Eroberung erschweren). Dann gehört ein Judenviertel dazu und die Alcázar, der Palast.

Mauren, Juden und Christen liessen ihre Gotteshäuser von den gleichen Handwerkern erbauen, deshalb müsse man eher von Epochen reden statt von maurischer, oder christlicher Baukunst. Man orientierte sich an den griechischen Platonikern, die Symmetrie, Licht, Spiegelungen im Wasser betonten.

Ab 1200 war die Koutoubia-Moschee in Marrakesch Vorbild. Von dann an wurden die Wände mit Teppichmustern verziert.

Der Palast von Sevilla wurde von einem christlichen König, durch einen maurischen Architekten gebaut.